Leichtes Spiel für die Saudis
Ohne eine Allianz mächtiger Verbände wird sich beim Weltfußballverband nichts ändern.
Von Eidos Import
Dirk Preiß Stuttgart - Es war ja nicht oft der Fall in den vergangenen Jahren, dass die großen Sportorganisationen einmal als gutes Beispiel dienen. Aber: Mit Blick auf die Großveranstaltungen des Jahres 2024 darf man zumindest dem europäischen Fußballverband Uefa und dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) auf die Schulter klopfen. Die Europameisterschaft in Deutschland und die Sommerspiele in Paris waren herausragende Ereignisse. Stimmungsvoll, Fan-freundlich, größtenteils unumstritten und zumindest mit einem nachhaltigen Gedanken geplant. Was Uefa und IOC ebenfalls gut dastehen lässt: das Kontrastprogramm, das die Fifa nach wie vor liefert. Bestätigt durch die Entscheidungen dieses Mittwochs. Da wurde festgezurrt, was längst klar war: Entgegen der eigenen einstigen Regeln sind zwei WM-Turniere im Paket vergeben worden. Und: Saudi-Arabien ist einer dieser Ausrichter. 2034 wird die WM im Wüstenstaat stattfinden – schon jetzt begleitet von ziemlich ähnlichen Debatten wie 2022 vor dem Turnier in Katar oder vier Jahre zuvor in Russland. Haben sie bei der Fifa denn gar nichts gelernt? Es sieht so aus. Der mächtige Gianni Infantino bemisst den Erfolg seiner Arbeit als Präsident des Weltverbands noch mehr als seine Vorgänger an der Gewinnmaximierung. Mit wem er dafür paktieren muss, ist dem Schweizer relativ egal. Dem Argument, nur mit diesem Geld könne der Fußball auf der ganzen Welt gefördert werden, folgen seine Getreuen stupide. Natürlich: Die deutsche Sicht der Dinge muss nicht immer der Maßstab sein. Aber es sollte doch auch in der Sportpolitik unverhandelbare Grundsätze geben. Dass die WM im Winter gespielt werden muss, geht mal wieder zulasten der Topspieler, die ohnehin über die zu hohen Strapazen klagen. Noch wichtiger ist die Einhaltung der Menschenrechte. Im normalen Leben – und auf den künftigen Baustellen der WM. Gleich elf Stadien sollen in Saudi-Arabien neu entstehen. Was auch dem Ziel, nachhaltig zu handeln, klar entgegensteht. Aber: Warum hatten die Saudis so vermeintlich leichtes Spiel? Es ist zum einen das Geld, das den Blick verstellt für berechtigte Bedenken. Denn an das Argument, man gehe bewusst in ein solches Land, um die Zustände dort auf lange Sicht zum Besseren zu verändern, glaubt kaum noch einer. Zu oft wurde es schon widerlegt. Die großen Vereine machen auch nicht von ihrer Marktmacht Gebrauch, um zu widersprechen. Im Gegenteil: An Infantinos seltsam zusammengestellter Club-WM im kommenden Jahr mit 32 Mannschaften beteiligen sie sich gerne. Es gibt schließlich jede Menge zu verdienen. Zum anderen fehlt es in der Fifa an der Einigkeit der mächtigen Verbände, die nur zusammen derartige Entscheidungen schon zu Beginn des Prozesses infrage stellen könnten. Aber: Sie haben alle ihre eigenen Interessen. Die Allmacht der Fifa als Organisation und von Gianni Infantino an deren Spitze ist derart groß, dass sich kein Verband, der selbst die Ausrichtung eines großen Turniers erwägt, ernsthaften Widerstand zumuten will. Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nicht. Der immerhin größte Sportfachverband der Welt hat daher brav für die Bewerbung Saudi-Arabiens gestimmt. So steht nach der WM in Russland und dem Turnier in Katar 2026 also zunächst das reiseintensive Mammutevent in den USA, in Kanada und Mexiko an. Dann ein Turnier mit Spielen in Spanien, Marokko, Portugal, Uruguay, Argentinien und Paraguay. Danach geht es nach Saudi-Arabien. Weltfremder kann eine solche Liste kaum klingen. Doch wenn sich nicht bald eine starke Allianz mächtiger Verbände findet, die den Weltfußball auch sportpolitisch neu aufstellt, wird sie 2038 fortgesetzt – das ist sicher.