Mann für Kopfarbeit und Willenskraft

Großaspachs neuer Coach Walter Thomae lobt die Wissbegier seiner Regionalliga-Elf, weiß aber auch, dass im Abstiegskampf am Ende nur die Leistung auf dem Platz und die Punkte zählen.

Aspachs neuer Trainer Walter Thomae (Mitte) muss möglichst schnell die Köpfe von Joel Gerezgiher und dessen Mitspielern erreichen, um im Abstiegskampf rasch Erfolge zu erzielen. Foto: B. Moschkon

© MOSCHKON BERNARD

Aspachs neuer Trainer Walter Thomae (Mitte) muss möglichst schnell die Köpfe von Joel Gerezgiher und dessen Mitspielern erreichen, um im Abstiegskampf rasch Erfolge zu erzielen. Foto: B. Moschkon

Von Uwe Flegel

„Das ist eher Zufall, aber schön ist es trotzdem.“ Walter Thomae muss etwas schmunzeln, als er die Frage beantwortet, ob er sich in seiner bisherigen Trainertätigkeit bewusst dafür entschieden hat, ausschließlich bei Vereinen aus der Region zu arbeiten. Nach dem VfL Gemmrigheim, dem FV Löchgau und dem VfB Stuttgart ist der 54-jährige Fußballlehrer seit einer Woche bei der SG Sonnenhof Großaspach tätig. Sein Job: den Regionalligisten als Nachfolger von Hans-Jürgen Boysen vor dem Abstieg zu bewahren. Bei seiner Premiere verbuchte die SG beim 1:1 in Balingen einen Teilerfolg. Nun gastiert morgen ab 14 Uhr der Tabellendritte TSV Steinbach im Fautenhau und es ist durchaus fraglich, ob das Kellerkind dem neuen Coach zum Heimdebüt den ersten Sieg schenken kann.

Klappt es nicht, die drei Punkte oder wenigstens einen Zähler zu holen, dann liegt es für Walter Thomae keineswegs am Engagement im Training. „Die Jungs sind total wissbegierig, sind füreinander da“, erzählt er von den ersten sieben Tagen. Doch der Mann, der zuvor fast eineinhalb Jahrzehnte beim VfB Stuttgart als Trainer, Co-Trainer oder Sportlicher Leiter der U 23 und als Nachwuchs-Chefscout arbeitete, weiß: „Wichtig ist, das auf dem Platz aber auch rüber zu bringen.“ Es sei Aufgabe der Spieler, die nötige Intensität von sich selbst einzufordern. Sowohl im Spiel mit wie gegen den Ball, erklärt der Coach und präzisiert: „Es reicht nicht hin und her zu laufen, sprinten ist gefordert. Es ist wichtig, nicht nur in Zweikämpfe zu gehen, sondern in Zweikämpfen auch zuzupacken.“

Bequem ist das nicht und Thomae weiß, dass es viel Kopfarbeit braucht, damit Spieler diese Willensleistung immer wieder aufs Neue verrichten. „Es muss ins Bewusstsein aller, jeden Tag zu nutzen, um besser zu werden“, fordert der 54-Jährige. Die Bereitschaft dazu sieht er bei seinen Spielern. Sie ist auch unbedingt nötig, denn: „das zu verinnerlichen, muss ein Prozess sein, der schnell funktioniert.“ Schließlich steht die SG als Sechstletzter auf dem ersten Abstiegsplatz.

Um diese schwierige Situation weiß Aspachs neuer Steuermann aber ebenso, wie er die SG Sonnenhof und den Fußball der Region zuvor schon kannte. „In meinem ersten Punktspiel als Aktiver ging es mit Germania Bietigheim in der Verbandsliga gegen die TSG Backnang und mein Gegenspieler war Axel Bohmwetsch“, erzählt Thomae und lächelt vielsagend über die Bemerkung, dass er dann ja als 19-Jähriger gleich gelernt habe, was ihn im Männerbereich erwartet. Herausforderungen, die er als Verbands-, Ober- und Regionalliga-Spieler in Bietigheim, beim VfR Heilbronn und bei 07 Ludwigsburg bestanden hat. Auch weil es Menschen und ältere Mitspieler gab, die das Talent unterstützten. Als er bei seinem Heimatverein aus der Jugend kam, war das zum Beispiel der Backnanger Hans Bauer, „der bei der Germania mehr als nur mein Zimmerpartner war“ und dessen Sohn Patrick, mittlerweile Profi beim englischen Zweitligisten Preston, „ich später beim VfB trainiert habe“. Ebenso übrigens wie zuvor bereits den Unterweissacher Julian Schieber.

Wichtigster Begleiter im Sport war aber wohl Rainer Adrion. „Von ihm habe ich viel gelernt. Auch menschlich hat er mich geprägt“, sagt Thomae über den 67-jährigen Ex-Bundesliga-Spieler und -Trainer. Adrion war es auch, der ihn vor 15 Jahren von Löchgau nach Stuttgart lotste. Für den damals 39-Jährigen begann eine Fußballzeit, die „mir einen großen Erfahrungsschatz mitgegeben hat“. Dazu gehört für ihn das Miterleben wie es 35 Kilometer entfernt vom VfB bei der SG Sonnenhof vorwärts ging. Klar, dass es zwischen den Nachbarn Verbindungen gab. Zum Beispiel weil „Aspach Spieler im Blick hatte, die bei uns nicht richtig weiterkamen und wir zur SG und den jungen Spielern schauten, die sich dort gut weiterentwickelten“, erzählt Thomae. Als Beispiel nennt er Benedikt Röcker, dessen Cousins Julian Schuster (SC Freiburg) und den Ex-Aspacher Robin Schuster er als Jungspunde in Löchgau schon unter seinen Fittichen hatte.

Kontakte existierten also genug und schon vor der jetzigen Zusammenarbeit gab es zwei, drei Gespräche miteinander. Geklappt hatte es nicht. Vor allem wegen des Jobs, den der Fußballlehrer aus Oberriexingen bis zum Sommer 2019 beim VfB hatte. Dann folgten eineinhalb Jahre Pause. Nun ist er zurück im Geschäft, in Aspach und damit weiterhin in der schwäbischen Heimat. Zufall sei das, aber schön und auch von Vorteil, da man die Wertvorstellungen kenne, die in der Region gelebt werden, sagt der Familienvater und fügt an: „Denn es geht in der täglichen Arbeit immer um Menschen und wenn ich mein Gegenüber als Mensch erreiche, dann kann das für beide Seiten befruchtend sein“. Vielleicht sogar so sehr, dass ein Kellerkind als echte Einheit einem Titelaspiranten trotzt.

Personalsorgen in Großaspach, Quarantäne bei Schlusslicht Stadtallendorf.

In der Vorrunde unterlagen die Fußballer aus dem Fautenhau in dem Ortsteil der hessischen Stadt Haiger deutlich mit 0:4. Dabei lagen die Schwaben bereits nach vier Minuten schon mit 0:2 zurück, nachdem Steinbachs Torjäger Sascha Marquet und Enis Bytyci grobe Aspacher Abwehrschnitzer bestraft hatten. Auch danach war die SG Sonnenhof weitgehend chancenlos, zumal sie ihre wenigen Möglichkeiten zum Anschlusstreffer nicht nutzte. In der Schlussviertelstunde machten Florian Bichler und Marquet den Sack für den Meisterschaftsaspiranten um Trainer Adrian Alipour vollends zu.

Personell sieht es beim Sechstletzten Großaspach für den Vergleich mit dem Tabellendritten nicht gerade optimal aus. Mit Verteidiger Kai Gehring (5. Gelbe Karte) und Mittelfeldspieler Nico Jüllich (10) sind zwei erfahrene Kräfte gesperrt und fehlen jeweils auf zentralen Positionen. Aus Verletzungs- sowie Krankheitsgründen sind bei den Gastgebern zudem Torwart Oliver Schnitzler (Achillessehnenriss), Offensivmann Can Karatas (Erkältung), Außenverteidiger Sebastian Schiek und Innenverteidiger Özgür Özdemir (beide Aufbautraining). Dagegen kehrt Torjäger Marvin Cuni nach seiner Sperre wegen der Gelb-Roten Karte gegen Rot-Weiß Koblenz wieder ins Aufgebot zurück und wird vermutlich auch gleich wieder von Anfang an auf dem Platz stehen.

Völlig raus ist in der Regionalliga Südwest in den kommenden beiden Wochen der TSV Eintracht Stadtallendorf. Wegen positiver Corona-Testergebnissen musste sich ein Großteil der Mannschaft des Tabellenletzten in Quarantäne begeben. Das hatte zur Folge, dass das Auswärtsspiel der Hessen am morgigen Samstag beim SV Elversberg ebenso vom Spielplan abgesetzt wurde wie das Nachholspiel am Dienstag in Pirmasens und die Heimpartie am Samstag drauf gegen Rot-Weiß Koblenz. Für alle drei Begegnungen gibt es mit dem 23. und 30. März sowie dem 6. April jeweils an einem Dienstagabend allerdings bereits neue Termine.

Wie auch bislang findet der Profisport in Deutschland aufgrund der Hygieneregeln ohne Zuschauer statt. Wer beim Aspacher Heimspiel trotzdem aktuell am Ball sein will, der kann dies mithilfe eines Internet-Livestreams, zu dem man unter anderem auch über den Online-Auftritt unserer Zeitung (www.bkz.de/sport/sg-sonnenhof) gelangt. Den Tagespass für den Internet-Livestream der SG Sonnenhof kostet fünf Euro.

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Erstellt:
5. März 2021, 06:00 Uhr

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