Blutige Kämpfe in der Antike
Mensch gegen Raubtier: So liefen Gladiatorenkämpfe im alten Rom ab
Im Nordosten Englands haben Archäologen erstmals das Skelett eines antiken Gladiators mit Bissspuren eines Löwen entdeckt. Es ist der erste osteologische Beweis für Kämpfe von römischen Gladiatoren mit gefährlichen Tieren wie Raubkatzen, Bären oder Elefanten.

© Imago/Ronald Grant
Szene aus dem italienischen Sandalenfilm „La Rivolta dei gladiatori“ aus dem Jahr 1958.
Von Markus Brauer/dpa
Glaubt man bildlichen Darstellungen und schriftlichen Berichten, ergötzten sich die Römer an blutigen Schauspielen, bei denen Menschen mit Löwen und anderen Raubkatzen kämpfen mussten oder von diesen zerrissen wurden. Die Kämpfe (venatores) und Hinrichtungen (damnatio ad bestias) sind auf zahlreichen Darstellungen, wie etwa Mosaiken zu finden.
Archäologische Nachweise, dass es zu diesen Spektakeln nördlich des Mittelmeers kam, sind jedoch rar. Eine interdisziplinäre Forschergruppe aus Großbritannien und Irland glaubt nun, einen Beleg dafür zu haben, dass diese grausamen Spektakel sogar in den entlegensten Winkeln des Imperiums stattfanden.
Erstmals physische Belege für Kampf mit Raubkatze
Den entscheidenden Hinweis gaben Bissspuren an den Knochen eines mutmaßlichen Gladiators, dessen Skelett in der nordenglischen Stadt York entdeckt und der dort wahrscheinlich vor etwa 1800 Jahren begraben wurde. Die Spuren stammen von einer Großkatze, wie das Forschungsteam in einem in der Fachzeitschrift „Plos One“ erschienen Artikel darlegt.
Archaeologists in York, England have uncovered the first physical proof of Roman gladiators fighting lions, confirming ancient tales of deadly combat between man and beast. These spectacles were real, and a reflection of the bloodthirsty and psychopathic nature of ancient Roman… pic.twitter.com/YoVj2Xq4KF — Ancient Origins (@ancientorigins) April 23, 2025
„Erstmals liegen uns physische Belege für die öffentlichen Inszenierungen des Römischen Reiches sowie die gefährlichen Gladiatorenkämpfe vor“, erklärt der leitende Wissenschaftler Tim Thompson von der Maynooth University .
Kein Amphitheater, aber ein Gladiatoren-Friedhof
Eboracum, wie York damals hieß, spielte eine wichtige Rolle im römischen Britannien: als Stützpunkt verschiedener Legionen, aber auch als Siedlung und Residenz des Provinzgouverneurs. Sogar Kaiser hielten sich dort zuweilen auf. Kaiser Septimius Severus starb dort im Jahr 211 n. Chr.. Konstantin der Große wurde in Eboracum im Jahr 306 n. Chr. von seiner Armee zum Kaiser ausgerufen.
Und obwohl in York bislang kein Amphitheater gefunden wurde, wird angenommen, dass auch dort Gladiatorenkämpfe stattfanden. Stärkster Hinweis darauf ist ein Friedhof aus römischer Zeit, in dem eine auffallend große Zahl von Skeletten junger Männer mit entsprechenden Kampfverletzungen gefunden wurde.
Löwe war tausende Kilometer von seiner Heimate entfernt
Die Forscher verschiedener britischer Universitäten sowie der Maynooth Universität in Irland gehen davon aus, dass es sich dabei um Gladiatoren handelte. Eines der Skelette weist Verletzungen auf, die den Wissenschaftlern zufolge aller Wahrscheinlichkeit nach von einem Löwen stammen.
Dass ein solches Tier über Tausende Kilometer aus seiner Heimatregion in den Norden des römischen Britanniens gebracht worden sein könnte, halten sie angesichts der Bedeutung, die Eboracum spielte, durchaus für denkbar.
Ergebnis von Aasfressen nach dem Tod
Sie untersuchten die Verletzungen mit Hilfe von 3D-Scans und verglichen sie mit den Bissspuren von lebenden Großkatzen an Tierkadavern in Zoos. Dass sie nicht am Oberkörper, sondern am Becken verursacht wurden, weist den Wissenschaftlern zufolge darauf hin, dass es sich nicht um eine klassische Angriffswunde handelt.
„Die Tatsache, dass sich die Bisswunden ausschließlich am Becken befinden, deutet darauf hin, dass sie nicht Teil eines Angriffs waren, sondern eher das Ergebnis von Aasfressen nach dem Tod“, schreiben Thompson und seine Kollegen. Hätte der Löwe den Mann töten wollen, hätte er wahrscheinlich eher den Hals als die Hüfte attackiert.
Gladiator wurde enthauptet
Aber wie ist der Gladiator dann umgekommen? Sein Skelett besitzt noch eine weitere Auffälligkeit: Der Schädel ist zwischen dem zweiten und dritten Halswirbel abgetrennt. Den Archäologen zufolge ist der Mann einst mit einem einzigen Schnitt von hinten enthauptet worden.
„Die Enthauptung dieses Individuums diente wahrscheinlich entweder dazu, es von seinem Elend zu erlösen, oder um der üblichen Praxis zu entsprechen“, heißt es in der Studie. Die „übliche Praxis“ könnte eine Art Ritual der altrömischen Kultur gewesen sein, zu dem jedoch keine weiteren Details bekannt sind. Damit ist auch unklar, ob die Enthauptung nach dem Tod stattfand oder diesen erst verursacht hat.