Methangas wird energetisch verwendet

Mit der neuesten technischen Innovation an der Biovergärungsanlage Neuschöntal trägt die Abfallwirtschaft Rems-Murr zum Klimaschutz bei.

Mit der Kuppel über dem Speicherbecken wird auch das Restgas noch eingefangen. Foto: AWRM

Mit der Kuppel über dem Speicherbecken wird auch das Restgas noch eingefangen. Foto: AWRM

BACKNANG (pm). Mit einem innovativen Vorhaben an der Biovergärungsanlage in Backnang-Neuschöntal schlägt die Abfallwirtschaft Rems-Murr (AWRM) zwei Fliegen mit einer Klappe: Mit einer Kuppel wird bisher ungenutztes Methangas eingefangen und energetisch verwendet. Dadurch, dass es nicht mehr frei in die Atmosphäre gelangt, verbessert sich zudem die Klimabilanz der Anlage.

Im gesamten Rems-Murr-Kreis fallen jährlich 36000 Tonnen Bioabfall an. Dies entspricht der Ladung von rund 4000 Müllautos. Was nur wenige Bürger wissen: Aus jedem Kilogramm Bioabfall, das in der braunen Tonne landet, wird auf der Biovergärungsanlage in Neuschöntal erneuerbarer Strom erzeugt. Mithilfe kleinster Mikroorganismen wird aus dem organischen Material wie Küchen- und Gartenabfällen energiereiches Biogas produziert, das in Motoren zu Strom und Wärme umgewandelt wird.

Seit 2011 ist die Biovergärungsanlage der kreiseigenen AWRM in Betrieb. „Abfallwirtschaft und Klimaschutz gehen hier Hand in Hand“, schreibt die AWRM. Bei der Verarbeitung des Bioabfalls entsteht aber nicht nur erneuerbare Energie. Die festen und flüssigen Reste aus dem Vergärungsprozess stellen einen wertvollen Dünger dar. Die in den flüssigen Gärresten enthaltenen Nährstoffe finden über die Landwirtschaft den Weg zurück in die Lebensmittelproduktion. Der Kreislauf schließt sich aber auch wieder zu den Bürgerinnen und Bürgern: Der aus den festen Gärresten erzeugte Kompost wird auch an die Privatgärtner abgegeben.

Die Ausbringung der flüssigen Gärreste in die Landwirtschaft ist an das Pflanzenwachstum gebunden. Nährstoffe müssen dann ausgebracht werden, wenn das Getreide auch einen tatsächlichen Bedarf hat. Ansonsten drohen Teile der Nährstoffe in das Grundwasser ausgewaschen zu werden. Die Düngegesetzgebung wurde daher zuletzt verschärft. Um die Ausbringung in den Sommermonaten sicherstellen zu können, müssen die Gärreste mindestens neun Monate gelagert werden können. Die AWRM hat sich daher entschieden, einen zusätzlichen Speicher für etwa 10000 Kubikmeter Flüssigdünger zu bauen.

Den Bau des neuen Speicherbeckens hat die AWRM zum Anlass genommen, die Anlage in Sachen Klimaschutz noch besser zu machen. Daher ragt über dem neuen runden Speicher, der einen Durchmesser von rund 50 Metern hat, eine große halbrunde Kuppel in den Himmel. In diesem Folienspeicher kann Biogas gespeichert werden, das aus dem Bioabfall erzeugt wird. Der Clou: Mit diesem Biogasspeicher kann die AWRM das energiereiche Gas speichern und dann zu Strom wandeln, wenn Wind und Sonne schwächeln. Das macht sich auch betriebswirtschaftlich bemerkbar: Mit den Einnahmen aus der sogenannten Flexibilitätsprämie kann die AWRM die jährlichen Stromeinnahmen um rund 200000 Euro steigern.

Die tatsächliche technische Innovation liegt gegenüber den großen Flüssigdünger- und Biogasspeichern eher im Verborgenen. In einem für Biovergärungsanlagen bisher einzigartigen Projekt hat sich die AWRM zum Ziel gesetzt, auch noch den letzten, bisher ungenutzten Rest des Methangases einzufangen und energetisch zu verwerten. Die flüssigen Gärreste, die den Prozess der Biogasbildung hinter sich haben, gasen nämlich in sehr geringen Mengen noch Biogas aus. Dieses Restgas entwich bisher aus den Speicherbecken. Mit einem neuen Verfahren werden diese Gärrestemissionen nun abgesaugt und in den Biogasmotoren mitverbrannt. Damit gelangt praktisch kein Methan mehr in die Umwelt. Ergebnis dieses Vorhabens: Rund 2000 Tonnen CO2-Äquivalente können zusätzlich pro Jahr eingespart werden.

Landrat Richard Sigel ist wichtig: „Nicht nur in der Kreisverwaltung, sondern auch in den kreiseigenen Gesellschaften wird das Thema Klimaschutz großgeschrieben. Es ist eine der großen Aufgaben dieser Zeit und deshalb freuen wir uns, durch die innovative Verarbeitung unseres Bioabfalls neben weiteren Projekten des Landkreises immer mehr CO2 einsparen zu können.“ Da es sich um ein Pilotprojekt handelt, hat das Landesumweltministerium dieses Teilprojekt mit rund 370000 Euro unterstützt. „Klimafreundliche und zugleich rentable Verfahren zur regenerativen Energiegewinnung wie diese im Rems-Murr-Kreis fördern wir gerne“, betont Minister Franz Untersteller. „Denn sie tragen dazu bei, dass wir die schädlichen Treibhausgasemissionen weiter verringern und so das Klima schützen. Hoffentlich findet das vorbildliche Projekt der Abfallwirtschaft Rems-Murr viele Nachahmer.“

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Erstellt:
29. Januar 2021, 06:00 Uhr

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