Mößner setzt auf Ehrenamt und Murrhardt als Stadt zum Mitmachen

Interview Bürgermeister Armin Mößner spricht über Wünsche, Wahlen und Demokratie sowie die Frage, in welche Rolle er jenseits seines Amts gerne einmal schlüpfen würde.

In der Walterichstadt engagieren sich viele Menschen, ein Beispiel dafür ist der Sommerpalast, bei dem rund 400 Helferinnen und Helfer mitwirken. Archivfoto: Alexander Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

In der Walterichstadt engagieren sich viele Menschen, ein Beispiel dafür ist der Sommerpalast, bei dem rund 400 Helferinnen und Helfer mitwirken. Archivfoto: Alexander Becher

Wenn Sie drei Wünsche für die Stadt und ihre Menschen inklusive sich selbst frei hätten, welche wären das?

Als Erstes wünscht man für seine Mitmenschen und sich selbst natürlich eine gute Gesundheit. Für die Stadt hoffe ich, dass es weiter die Möglichkeit gibt, Dinge zu gestalten, und dahingehend von Bund und Land die passenden Rahmenbedingungen gegeben sind. Vor allem, dass auch künftig die vorgegebenen Aufgaben leistbar bleiben und eine adäquate finanzielle Ausstattung auf kommunaler Ebene gegeben ist. Ich wünsche mir zudem, dass sich Murrhardt weiterhin positiv entwickelt und unsere Stadt liebenswert und lebenswert bleibt. Dazu gehört, dass wir uns auch künftig das in unserer Stadt überdurchschnittlich vorhandene bürgerschaftliche und ehrenamtliche Engagement erhalten und noch mehr Bürger für sich erkennen, dass Murrhardt vor allem eine Stadt zum Mitmachen ist.

Nächstes Jahr sind Kommunal- und Europawahlen. Das heißt, es wird für die Parteien, Fraktionen und Listen darum gehen, Engagierte zu finden, mit denen sie später zusammenarbeiten. Wie lässt sich aus Ihrer Sicht die Demokratie vor Ort auch ganz konkret noch stärken?

Die Wahlen im kommenden Jahr haben eine wichtige Bedeutung und entscheiden über die Zukunft Europas, aber auch die Gestaltung unseres unmittelbaren Lebensumfelds hier in Murrhardt. Wichtig ist, dass die Bürgerinnen und Bürger wählen gehen. Das ist der Kern einer lebendigen Demokratie. Mit einer eigenen Kandidatur beispielsweise für den Gemeinderat kann man sein unmittelbares Lebensumfeld mitgestalten. Das ist das Schöne an diesem Engagement. Für die Stärkung der Demokratie haben wir ja auch in diesem Jahr die Partnerschaft für Demokratie Oberes Murrtal mit dem Kreisjugendring und unseren Nachbargemeinden Sulzbach, Oppenweiler, Spiegelberg und Großerlach ins Leben gerufen, wo wir in der Demokratieförderung aktiv sind.

Gebe es für Sie neben diesen Partnern weitere Ideen für den Alltag?

Man muss natürlich für die Leute da sein, muss zuhören und die Probleme, Sorgen und Nöte der Menschen ernst nehmen und in die eigene Arbeit einfließen lassen. Wenn es um landes- oder bundespolitische Themen geht, ist der Einfluss gering, man kann Themen aber im Gespräch mit Abgeordneten und über die kommunalen Spitzenverbände ansprechen und einbringen. Wir haben beispielsweise mit dem Gemeinderat adressiert, dass die Belastungsgrenze bei den aktuellen Flüchtlingszahlen erreicht ist.

Das heißt, es geht auch darum, im

Dialog mit den Menschen zu bleiben.

Genau. Zudem müssen die Menschen auch selbst erkennen, dass es in vielerlei Hinsicht keine einfachen Antworten geben kann, weil vieles vielschichtig ist und keine einfachen Antworten möglich sind. Bei vielen Entscheidungen muss man viele verschiedene Dinge berücksichtigen, um am Ende des Tages eine kluge Entscheidung zu treffen. In den letzten Jahren hatten wir im Gemeinderat über alle Fraktionen hinweg mit der Verwaltung eine gute und konstruktive Zusammenarbeit und ich glaube, dass wir uns der sich stellenden Aufgaben und Themen gut angenommen haben. In einzelnen Sachfragen gibt es immer mal wieder Auseinandersetzungen und unterschiedliche Auffassungen, was auch ein Bestandteil von Demokratie ist. Sie lebt vom Wettstreit der Ideen. Aber trotzdem hat man vieles gemeinsam voranbringen können. Für die Wahlen allgemein und die Demokratie in unserem Land ist mein Wunsch, dass alles auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bleibt.

Ja, das ist wichtig.

Unser Land hat beginnend mit der Revolution 1848 vor 175 Jahren – bei der auch unser Ehrenbürger Ferdinand Nägele als Paulskirchenabgeordneter eine prägende Rolle gespielt hat – so sehr für Bürger- und Menschenrechte gekämpft, dafür, dass sich jeder frei entfalten und in einer Demokratie leben kann. Erst mit dem Grundgesetz 1949 konnten wir diesem Grundgedanken in unserem Land zum Durchbruch verhelfen. Ich finde, wir müssen doch gerade mit Blick auf manche Tendenzen etwas dafür tun, das zu erhalten. Meine Großväter hat immer bewegt, wir Künftigen sollen es mal besser haben. Beide Großväter haben mit Erstem und Zweitem Weltkrieg und der Zeit zwischen 1933 und 1945 die schlimmste Zeit in unserem Land erlebt. Man muss den Menschen auch immer mal wieder sagen, dass wir uns in Deutschland heute doch glücklich schätzen können. Wir leben seit Jahrzehnten in Frieden, Freiheit und Wohlstand mit sozialem Ausgleich. Jeder junge Mensch, der zur Schule oder in den Kindergarten geht, hat alle Möglichkeiten. Wenn er sich anstrengt, kann er es zu etwas bringen. Das gehört zum Leistungsversprechen unseres Staats.

Wenn Sie im kommenden Jahr die Möglichkeit hätten, an einem Tag in die Haut eines anderen Menschen zu schlüpfen, wen würden Sie wählen?

Ich bekomme tagtäglich durch mein Amt viel mit und könnte mir einige Menschen in unterschiedlichen Rollen vorstellen.

Wer wäre für Sie am spannendsten?

Es müsste auf jeden Fall ein Mensch mit einer Aufgabe sein, die erdet. Etwas Bodenständiges. Ich könnte mir vorstellen in die Haut eines Landwirts zu schlüpfen, um die Zusammenhänge seiner Arbeit in der Natur und seine Sorgen zu erfahren. Oder ich könnte mir auch vorstellen, in die Haut eines Lehrers zu schlüpfen, um mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten und zu hören, was sie für Sorgen und Nöte für die Zukunft haben, was sie umtreibt und ob sie sich wirklich mit dem Lesen und Schreiben so schwertun, wie man das über die Pisa-Studie gesagt bekommt.

Das Gespräch führte Christine Schick.

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Erstellt:
30. Dezember 2023, 06:00 Uhr

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