Neuer Treffpunkt im Wartestand

Von Christine Schick

MURRHARDT. „Manchmal fragen mich Leute ganz überrascht: ,Was, es gibt eine Awo in Murrhardt?‘“, erzählt Patricia Wirth. Dabei ist der Standort des Murrhardter Ortsvereins mit seiner neuen Adresse in der Helfergasse 25 mitten in der Altstadt deutlich attraktiver geworden. Der Umzug von der Lindersthalde dorthin fiel allerdings in eine Zeit, die auch sonst den Alltag in der Regel komplett umgekrempelt hat, und ist vielleicht deshalb noch nicht so wahrgenommen worden. Die Leiterin des neuen Awo-Treffpunkts berichtet, dass die Räume kurz vor dem ersten Lockdown im März vergangenen Jahres fertig geworden sind.

Vieles habe man in Eigenleistung machen können, Fachleute haben sich der Bodenverlegung und Sanitäranlagen angenommen. Im Erdgeschoss der Helfergasse 25 finden sich nun gegenüber des Eingangs das Büro und um die Ecke ein heller, freundlicher Raum mit gemütlichen Holztischchen und Stühlen inklusive kleiner Küche. Der Treffpunkt und Patricia Wirth warten geradezu darauf, dass Zeiten einkehren, an denen ein unbeschwertes Miteinander wieder möglich ist, auch wenn klar ist, dass in dieser Hinsicht vermutlich noch eine ganze Weile Geduld nötig sein wird. Geplant ist beispielsweise, regelmäßig am Mittwochnachmittag für Besucher und Interessierte zu öffnen. Der Termin ist bewusst gewählt, denn an diesem hat das Begegnungscafé zu (jenseits eines Lockdowns). „Wir wollen uns gegenseitig unterstützen und kooperieren“, sagt Patricia Wirth. Neben dem gegenseitigen Kennenlernen schweben ihr auch Veranstaltungen wie Themenabende, ein Familienbrunch, ein Lesekreis oder leichte Gymnastik im Sitzen für Ältere vor.

Kooperation und Absprache mit dem Begegnungscafé.

Aber auch wenn der Treffpunkt erst einmal ruhen muss, bedeutet das nicht, dass es nichts zu tun gibt. Der Murrhardter Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt (Awo) engagiert sich in verschiedenen Bereichen. Der größte ist die Unterstützung von älteren Menschen. Patricia Wirth steckt das Feld als Nachbarschaftshilfe ab, die entsprechend vergütet wird. Das heißt, mal geht es um Unterstützung in hauswirtschaftlichen Dingen, mal um eine Begleitung beispielsweise durch Gespräche und gemeinsame Aktivitäten. „Das kann ein Spiel, ein Spaziergang oder Vorlesen sein“, sagt Patricia Wirth. Gern erinnert sich die Geschäftsstellenleiterin daran, wie sie vor einiger Zeit mit einer Klientin über ein paar Äpfeln saß und sich die Sache zu einem kleinen Apfelküchle-Kochprojekt entwickelt hat, bei dem die Seniorin mit ihrem Wissen punkten konnte.

Der Bedarf an Betreuung ist da, das merkt Patricia Wirth allein an den steigenden Zahlen von Anmeldungen beziehungsweise Klienten. Betreuung und Entlastung sind durch die Unterstützung von Pflegekassen möglich. Zurzeit besteht für die älteren Menschen als in der Pandemie gefährdete Gruppe besondere Vorsicht. Insofern läuft ein Erstgespräch, bei dem Bedarf und Umfang geklärt werden, allein über Patricia Wirth. Mittlerweile verfügt die Awo Murrhardt über einen Stamm von 45 Mitarbeitern. Fünf sind Festangestellte, die weiteren arbeiten ehrenamtlich, erhalten aber eine Aufwandsentschädigung für ihre Einsätze. „Unsere Klienten haben feste Bezugspersonen, manchmal nur einen Mitarbeiter, manchmal mehrere, je nach Konstellation.“ Patricia Wirth hat in Laura Gauder nun auch eine Stellvertreterin, um den Alltag je nach Situation gut schultern zu können. Wer eine Begleitung in Anspruch nehmen will, muss nicht Mitglied bei der Arbeiterwohlfahrt sein, auch wenn sich natürlich die Frage nach der Finanzierung stellt, die teils über die Pflegekassen, aber letztlich auch privat erfolgen kann.

Die Arbeiterwohlfahrt Murrhardt ist als Verein organisiert, das heißt, dass es keine Gewinne geben darf, Rücklagen als Sicherheit für die Lohnzahlungen aber schon. Mit Blick auf die Anfänge ist der Bereich deutlich gewachsen. Patricia Wirth erinnert sich, wie sie 2009 die Geschäftsführung übernahm und damals mit rund 20 Klienten angefangen hat, damals noch mit einer Halbtagsstelle. Die ausgebildete Krankenschwester hat Erfahrungen im klinischen Bereich, später in der ambulanten Pflege gesammelt. Dann wurde Patricia Wirth Mutter, hat nach einiger Zeit wieder ein Betätigungsfeld gesucht und wurde bei der Arbeiterwohlfahrt Murrhardt fündig. „Ich bin da richtig reingewachsen“, sagt sie. Sie hat die Chance genutzt, den Bereich auszubauen und weiterzuentwickeln, besonders viel Freude macht es ihr, wenn neue Klienten zur Awo kommen. Das hieße aber nicht, dass die Awo allein für alte Menschen da sei, man bemühe sich für jeden, bei Bedarf eine Unterstützung zu schaffen, egal welches Alter. Wichtig sei, dass niemand durchs Raster falle. Ganz explizit an Jüngere richtet sich beispielsweise die Hausaufgabenbetreuung – ein weiteres Feld des Ortsvereins. Außerdem ist das Zeltlager am Ebnisee zu nennen, das als eine Art Klassiker immer zehn Tage in den Sommerferien angeboten wird, und das Patricia Wirth ebenfalls viele Jahre mitbetreut hat. Mittlerweile gibt es die Awo in Murrhardt über 30 Jahre.

Die wachsende Anzahl an Klienten in der Nachbarschaftshilfe – mittlerweile sind es 150 Menschen, die die Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen – bedeutet für Patricia Wirth, die Mitarbeitenden auch fachlich auf dem Laufenden zu halten. Denn eine Nachbarschaftshilfe benötige letztlich einen breiteren und weiteren Blick als eine reine Reinigungsdienstleistung, auch wenn diese unter Umständen zum Portfolio dazugehört. Alle vier Wochen gibt es Schulungen, berichtet sie. Dabei stünden Themen wie Alterserkrankungen, Demenz, Reaktionen bei einem Notfall oder auch Fragen der Beziehungsgestaltung in puncto Nähe und Distanz auf der Tagesordnung.

Weitere Infos zum Ortsverein finden sich auf der Homepage www.awo-murrhardt.de.