„7 vs. Wild“-Star Joe Vogel aus Karlsruhe
„Nicht das Härteste, was ich je gemacht habe“
Joe Vogel aus Baden-Württemberg war Teilnehmer bei der Reality-Serie „7 vs. Wild“. Im Gespräch mit unserer Redaktion erzählt er, was Heimat für ihn bedeutet – und was man in der Wildnis lernt.
Von Isabelle Vees
Die Sonne geht unter. Die Temperaturen rutschen unter den Gefrierpunkt. Eiskristalle schmiegen sich um die Pflanzen des bergigen Flusstals auf der Südinsel Neuseelands. Sieben Personen kauern vor einem Flugzeugwrack, die Schlafsäcke glänzen vor Frost, während sie, mitunter verzweifelt, versuchen zu schlafen.
Unter ihnen ist Johannes „Joe“ Vogel aus Baden-Württemberg. Der 40-jährige hat bei der Reality-Serie „7 vs. Wild“ mitgemacht, die im Netz millionenfach gestreamt wird. In dem TV-Format versuchen sieben Menschen zwei Wochen lang in der Wildnis durchzuhalten. Dabei halten sie ihre Erlebnisse mit GoPro-Kameras fest. Johannes Vogel kennt die Wildnis. Er ist Survival-Experte.
In der „7 vs. Wild“-Gruppe übernahm er eine Schlüsselrolle: Er baute Schlingenfallen, sammelte nützliche Materialien und sorgte mit Mahlzeiten aus Wurzeln, spinatähnlichen Pflanzen und einer gegrillten Hummel für Nahrung. Im Gespräch mit unserer Redaktion beschreibt er die Erfahrungen bei der Serie trotz eisiger Kälte als „weit entfernt von der Grenze“. „Vom technischen und körperlichen Anspruch her war es nicht das Härteste, was ich je gemacht habe“, sagt Vogel.
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Die Verbindung zur Natur begleitet Joe Vogel schon ein Leben lang. Geboren im Bodenseekreis und aufgewachsen im Karlsruher Stadtteil Grötzingen, entdeckte er früh seine Begeisterung fürs Draußensein. Dass er Survival-Experte werden möchte, wusste er bereits im Alter von 13 oder 14 Jahren, erinnert sich Vogel.
Seine Eltern seien nicht begeistert von der Idee gewesen, doch Vogel blieb beharrlich. Schon als junger Teenager stand er am Ufer der Pfinz und warf seine selbst gebaute Angel am Rhein-Zufluss aus. Mit 18 Jahren schrieb Vogel sein erstes Buch mit dem Titel „Tierische Notnahrung“.
Ein klassischer Ausbildungsweg für Survival-Experten existiere nicht, so Vogel. Also entschied er sich der für ein Biologiestudium am Karlsruher Institut für Technologie, das er mit einem Diplom in Entwicklungsneurobiologie abschloss. Über 20 Jahre lang arbeitete Vogel als Survival-Trainer, hielt regelmäßig Vorträge und gab Seminare über das Überleben in der Wildnis. Heute verdient der Baden-Württemberger sein Geld hauptsächlich als Buchautor und Journalist.
300 Kilometer durch den Rhein
Nach dem Studium zog Vogel los, um die Welt zu erkunden. Zahlreiche Expeditionen führten ihn unter anderem durch die mongolische Wüste, den indischen Dschungel und die Salar de Uyuni in Bolivien, die größte Salzpfanne der Erde. Doch Abenteuer gibt es auch vor der eigenen Haustür. So schwamm Vogel im Jahr 2009 etwa elf Tage lang 300 Kilometer durch den Rhein.
Der Rhein hat Vogel schon immer begeistert. In Baden-Württemberg zählen daher die Rheinauen zu seinem Lieblingsort. Gerne war Vogel auch im Schwarzwald unterwegs. Seit vielen Jahren hält der Baden-Württemberger seine Abenteuer auf seinem Youtube-Kanal fest.
Was ihm am besten an diesem Lebensstil gefällt? „Zeit! Ich habe unglaublich viel Zeit“. Ein Nine-to-Five-Job wäre gar nichts für den Outdoor-Experten. Wenn Vogel von Glück spricht, dann findet er vor allem eine Definition passend: „Glück ist Bedürfnislosigkeit“, erklärt er.
Durch seinen Lebensstil, der sich häufig außerhalb seiner vier Wände abspielt, hat er vieles gelernt. „Wenn man erst einmal etwas zu essen, etwas zu trinken und ein Dach über dem Kopf hat, dann geht es einem schon mal besser als sehr vielen anderen Menschen“, findet er.
Nur noch selten in der Heimat
Vor rund 15 Jahren, während eines langen und zähen Winters, kaufte Vogel eine kleine Lehmhütte auf einem Berg in Griechenland. In den darauffolgenden Jahren verbrachte er mit seiner Frau jeweils die Winterzeit in der 20 Quadratmeter großen Hütte.
„Da haben wir gemerkt, dass das Leben hier angenehmer und die Lebenshaltungskosten deutlich geringer sind“, erzählt er. „Hier kann man noch auf einen Schlag ein Haus kaufen“. Mittlerweile hat Vogel Griechenland zu seiner neuen Heimat erkoren und lebt dauerhaft dort.
Besonders schätze er an seinem Leben im Süden die „freundlicheren Menschen, das bessere Wetter, das Meer vor der Haustür und die Berge dahinter“. Auch seine Leidenschaft könne er dort besser ausleben. „Wenn ich in Deutschland irgendwo durch den Wald gelaufen bin und etwas gesammelt habe, dann hat es nicht lange gedauert, bis jemand danebenstand und gefragt hat, ob man das denn darf“, erzählt er. Im Zweifel wurde auch einfach die Polizei gerufen.
So etwas gebe es in Griechenland nicht. Seine alte Heimat Baden-Württemberg besucht er nur noch selten. Er hat mittlerweile sogar das Gefühl dort zu „fremdeln“. „Wenn man sich wirklich irgendwo daheim fühlt, dann fühlt es sich falsch an, ins ‚Ausland‘ zu reisen“, erklärt er.
Hassnachrichten und Morddrohungen im Postfach
Mit der Serie „7 vs. Wild“, deren finale Folge auf YouTube Anfang Dezember ausgestrahlt wurde, rückten auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ins Rampenlicht. Vogel erzählt, dass er in Deutschland mittlerweile auf der Straße erkannt wird. Doch die Aufmerksamkeit hat auch ihre Schattenseiten.
Besonders im Netz sei die Hemmschwelle für verbale Angriffe niedrig. Diese Erfahrung musste auch der 40-Jährige machen. Er wisse, dass er mit seiner rationalen und weniger emotionalen Art hin und wieder polarisiere, erzählt Vogel. Er vermutet, Schuld daran sei auch seine Weise, argumentativ seine Ziele durchzusetzen. „Viele Menschen fühlen sich von meiner Art getriggert oder bedroht. Besonders diejenigen, die sich als Verlierer der Gesellschaft wahrnehmen, reagieren mit Hass.“
Während der Zeit in der Wildnis kam es zwischen Vogel und einem weiteren Teilnehmer zu Spannungen. Vogel erhält bis heute Hassnachrichten und Morddrohungen – unter anderem aus der Community dieses Mitstreiters. „Das war eine Sendung, die haben sieben erwachsene Personen vor einem halben Jahr übermüdet in Neuseeland, teilweise gegenseitig angepisst gedreht, und jetzt kann man auch die Kirche sprichwörtlich im Dorf lassen.“ Die Lagerbildung und die anhaltenden negativen Kommentare, findet Vogel übertrieben.
Eine erneute Teilnahme schließt Vogel nicht aus
Trotz allem sei Vogel dankbar über die Erfahrung in Neuseeland. Sein Leben in Griechenland geht auch nach der Sendung weiter wie zuvor – mit viel Zeit draußen in der Natur.
Ob er sich vorstellen könne, noch einmal bei „7 vs. Wild“ mitzumachen? „Ja, unter einer Bedingung.“ Für eine weiter Teilnahme würde er sich mehr Fokus auf die technischen Aspekte wünschen, etwa die selbst gebauten Gegenstände der Teilnehmer. Das, was der Baden-Württemberger eben mit Leib und Seele macht.