Syrien

Österreich will Syrer "geordnet abschieben"

Österreich will Syrern bis auf Weiteres kein politisches Asyl mehr gewähren. Der Familiennachzug soll laut Medienberichten ebenfalls ausgesetzt werden. In Deutschland bearbeitet das BAMF vorläufig keine syrischen Asylanträge mehr.

Syrer jubeln in Stuttgart über das Ende des Assad-Regimes.

© /Lichtgut/Ferdinando Iannone

Syrer jubeln in Stuttgart über das Ende des Assad-Regimes.

Von Michael Maier

Die österreichische Regierung hat laut übereinstimmenden Medienberichten beschlossen, alle laufenden Asylverfahren für syrische Staatsangehörige vorerst auf Eis zu legen. Hintergrund ist der Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad und die neue Lage in Syrien.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) habe seinen Parteifreund und Innenminister Gerhard Karner damit beauftragt, nicht nur alle laufenden Verfahren auszusetzen, sondern auch bestehende Asylgewährungen zu überprüfen. Das Innenministerium arbeitet bereits an einem „geordneten Rückführungs- und Abschiebeprogramm“. Parallel dazu werde der Familiennachzug ausgesetzt, so das News-Portal „heute“. Derzeit seien in Österreich 12.886 Verfahren von Syrern offen, davon 1.146 im Rahmen des Familiennachzugs.

FPÖ wünscht „Gute Heimreise!“

Nach Regierungsangaben soll die Situation neu bewertet werden, bevor weitere Asylentscheidungen ergehen. Besonders aus den Reihen der FPÖ werden Forderungen laut, syrische Geflüchtete zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen, da der Grund für Asyl nun entfallen sei. „Gute Heimreise!“, wünschte Parteichef Herbert Kickl etwas voreilig, während bereits Befürchtungen laut werden, dass nach Assads Sturz neue Kämpfe und Fluchtbewegungen drohen könnten.

Gleichzeitig werden in Syrien erste Stimmen laut, die ihre Landsleute zur Rückkehr auffordern, um beim Wiederaufbau zu helfen. Das österreichische Außenministerium betonte indes in einer Stellungnahme, dass ein geordneter und friedlicher Übergangsprozess angestrebt werden müsse. Dabei habe die Einhaltung der Menschenrechte und der Schutz von ethnischen und religiösen Minderheiten oberste Priorität.

Massenrückkehr nach Syrien?

Beobachter sehen in den aktuellen Entwicklungen einen möglichen Wendepunkt. Der Migrationsforscher Gerald Knaus wird im „Stern“ mit den Worten zitiert, dass mittelfristig - bei entsprechender Stabilität - die gesamte Flüchtlingssituation in Europa positiv beeinflusst werden könnte. Gleichzeitig schränkt Knaus seine Einschätzung ein: „Wer sofortige Massenrückkehr nach Syrien verspricht, handelt populistisch“, sagt er im „Stern“.

BAMF und Syrien

Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) hatte zuvor in der „Rheinischen Post“ gefordert, die weitere Aufnahme von syrischen Flüchtlingen zu stoppen. „Wir haben in den letzten Jahren unsere humanitären Verpflichtungen übererfüllt“, sagte sie dem Blatt. Einen noch weiter gehenden Schnellschuss gab es am Montag von Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU): Ginge es nach ihm, sollte Deutschland jedem ausreisewilligen Syrer sofort einen Freiflug bezahlen und 1000 Euro Handgeld mit auf den Weg geben. Politiker von Grünen und SPD mahnten indes zur Zurückhaltung angesichts der unklaren Lage vor Ort.

Unterdessen bearbeitet offenbar auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bis auf Weiteres keine Asylanträge von Syrerinnen und Syrern mehr. Jede Entscheidung stünde sonst „auf tönernen Füßen“, teilt das Amt auf Anfrage dem „Spiegel“ mit.

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Erstellt:
9. Dezember 2024, 12:56 Uhr
Aktualisiert:
9. Dezember 2024, 13:27 Uhr

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