Paukenschlag: Patrick nicht mehr Coach
Bei Ludwigsburgs Basketballern geht eine Epoche zu Ende, die Folgen sind noch nicht klar abzusehen. Der Co-Trainer übernimmt vorerst.

© Baumann
Patrick
Von Joachim Klumpp
Ludwigsburg - Erstens kommt es anders – und zweitens als man denkt. John Patrick hat im vergangenen Sommer nach der Rückkehr aus Japan entgegen seinen Gewohnheiten gleich für zwei Jahre bei den MHP Riesen unterschrieben, nun überstand die Zusammenarbeit nicht einmal die Halbzeit. Der Verein trennte sich am Mittwochabend nicht mehr ganz überraschend in beiderseitigem Einvernehmen von dem US-Amerikaner, der eigentlich als Hoffnungsträger des Ludwigsburger Basketballs galt.
Doch nachdem der 57-Jährige zuletzt seine Unzufriedenheit über die Kompetenz bei der Spielerakquise zum Ausdruck brachte sowie den Wunsch wieder in Personalunion als Sportdirektor fungieren zu können, war das Vertrauensverhältnis angekratzt: Der langjährige Vorsitzende Alexander Reil sprach in einer ersten Reaktion von einem „hohen Vertrauensverlust“. Dennoch unterstrich er zum Abschied: „Auch wenn man sich im Leben irgendwann trennt, bleibt die Erinnerung an eine besondere, gemeinsame Zeit dauerhaft erhalten.“
Nach intensiven Gesprächen mit dem Beirat des Vereins, dem auch der VfB-Präsident Dietmar Allgaier angehört, trennten sich die Riesen mit sofortiger Wirkung nach insgesamt mehr als zehn Jahren von Patrick, auch wenn der noch bis zum 30. Juni unter Vertrag stehen wird. Allein der lange Zeitraum der Zusammenarbeit unterstreicht, dass dies einer Zäsur gleichkommt, deren Folgen noch nicht ultimativ absehbar sind. Schließlich war es Patrick, der die Riesen von einem Abstiegskandidaten der Bundesliga zum Stammgast in den Play-offs einschließlich Vizemeister machte.
Im Umgang mit den Spielern kannte er zwar wenig Pardon, formte aber Talente wie einen Johannes Thiemann zum Nationalspieler und Profis wie Thomas Walkup oder Jaleen Smith zu gestandenen Akteuren in der europäischen Königsklasse Euroleague. In dieser Saison allerdings hatte Patrick bei der Spielerauswahl kein glückliches Händchen, woraufhin im Umfeld ein gewisser Unmut aufkam, dem Patrick mit seinen Aussagen („Wir bekommen gerade das, wofür wir Geld ausgegeben haben“) wohl entgegenwirken wollte – dieser Schuss ging nach hinten los. „John Patrick stand und steht für die Werte und Attribute des Ludwigsburger Basketballs“, hatte Reil bei der Rückkehr betont. Und jetzt? „Keiner steht über dem Verein.“
Einstweilen wird Co-Trainer Lars Masell übernehmen, nichts Neues in dieser Saison, nachdem Patrick viermal wegen Krankheit kurzfristig ausgefallen war. Der Ersatzmann machte seine Arbeit dabei recht erfolgreich, mit drei Siegen in der Liga. Was nicht bedeutet, dass es bei der offiziellen Premiere am Freitag in Vechta so weitergeht.
Ob es eine Lösung auf Dauer ist – vorerst offen. Die Verantwortlichen stehen diesbezüglich zwar nicht unter Zeitdruck, aber unter einem gewissem Erfolgsdruck. Experimente auf der wichtigen Position des Trainers verbieten sich. Und bis zum Saisonende Mitte Mai wäre eine Entscheidung wünschenswert, allein schon um die Personalplanungen vorantreiben zu können.
In dieser Hinsicht könnte auch die Zeit der Patrick-Söhne Jacob und Johannes in der Mannschaft zu Ende gehen, selbst wenn der Vater jetzt sagt: „Ich werde unser Team und diesen Club weiterhin anfeuern.“ Gut möglich, dass John Patricks nahe Zukunft nochmals in Japan liegt, wo er weiter einen guten Ruf nebst Angeboten genießt. Dann hieße es wieder Sayonara, doch dieses Mal eher im ursprünglichen Sinne von „Lebe wohl“ – ohne sportliches Wiedersehen.