Pläne für barrierefreie Bushaltestellen
Stadt Murrhardt will ausgewählte Stationen umbauen – Situation am Ärztehaus so schwierig, dass noch getüftelt werden muss
Das novellierte Personenförderungsgesetz gibt die Zielmarke vor: Für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs soll bis Anfang 2022 unter anderem bei den Bushaltestellen eine vollständige Barrierefreiheit erreicht werden. Insofern muss sich die Stadt mit dem Umbau der Stationen befassen – zumindest einzelner. Die Umrüstung soll nach und nach anhand bestimmter Kriterien beziehungsweise Prioritäten erfolgen.

© Jörg Fiedler
Der Bahnhof in Murrhardt ist bereits mit einer barrierefreien Bushaltestelle ausgerüstet. Die Aufnahme zeigt Fahrgäste, die sich beeilen, vom Bus zu den Bahngleisen zu kommen – zuzeiten einer Schienenersatzverkehrsphase. Foto: J. Fiedler
Von Christine Schick
MURRHARDT.Bürgermeister Armin Mößner machte deutlich, dass der Umbau aller Bushaltestellen auf der gesamten Gemarkung finanziell so schnell nicht zu leisten sei. Er soll sukzessiv erfolgen. Der Nahverkehrsplan des Rems-Murr-Kreises hat dazu Kriterien für die Auswahl der Haltestellen aufgestellt. So sollte es pro Teilort mindestens eine barrierefreie Bushaltestelle geben, wobei die Stadtverwaltung hier die größere Einteilung sieht – Murrhardt, Fornsbach und Kirchenkirnberg. Grundsätzlich sollen vor allem Stationen an oder in der Nähe von Einrichtungen umgebaut werden, die von mobilitätseingeschränkten Menschen überproportional oder die generell von sehr vielen Personen besucht werden.
Der Nahverkehrsplan schlägt nun ganz konkret den Umbau der Bushaltestelle auf der Alm und der Haltestelle „Alte Straße“ in Fornsbach vor. Die am Bahnhof in Murrhardt ist bereits barrierefrei. Die Stadtverwaltung wollte eigentlich die Station am Murrhardter Ärztehaus in die Liste mit aufnehmen, sie hat hohe Priorität. Allerdings stellte sich heraus, dass der Umbau nicht so einfach ist, wie Bürgermeister Mößner in der jüngsten Gemeinderatssitzung erläuterte. Zu Ampel und Busspur kommen diverse Zugänge am Haus, die gewährleistet sein müssen. An einer Lösung wird noch getüftelt, allerdings kommt die Haltestelle deshalb zunächst nicht ins Umbaupaket, das geschnürt und für das ein Antrag auf Fördergelder gestellt werden soll.
An dieser Stelle tritt das Ingenieurbüro Riker und Rebmann auf den Plan. Es hat die Vorbereitung begleitet und soll entsprechend in die Antragstellung eingebunden sein. Gert Rebmann erläuterte denn auch die Details zum Vorschlagspaket sowie die grob geschätzten Kosten. Komponenten einer barrierefreien Bushaltestelle sind ein Hochbord, also ein erhöhter Gehweg, um auf das Niveau des Busbodens zu kommen, ausreichende Manövrierfläche für Rollstühle und Kinderwagen, taktile und kontrastreiche Bodenelemente für beispielsweise sehbehinderte Menschen, eine barrierefreie Zugänglichkeit zur Station sowie statische (Höhe beispielsweise für Rollstuhlfahrer bedenken) und dynamische Fahrgastinformationen (optisch, akustisch). Zudem benötigt der Bus beispielsweise bei einer Bucht einen Vorlauf, um an den Bordstein heranfahren zu können. Der Abstand soll idealerweise nur fünf Zentimeter betragen, erläuterte Gert Rebmann. Für einen Haltestellenumbau gibt es maximale Förderbeträge – bei der Busbucht sind es 40000 Euro, bei einem erhöhten Bordstein an der Straße (Buskap) 25000 Euro und bei Wetterschutzhäuschen 12000 Euro. In die Liste aufgenommen werden sollen zudem die Haltestelle an der Hörschbachschule, an der Stadthalle und am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium sowie in Kirchenkirnberg an der Gemeindehalle in beide Fahrtrichtungen (Nord und Süd). Auch in Murrhardt-Alm will man beide Seiten berücksichtigen sowie in Fornsbach die vorgeschlagene Haltestelle an der „Alten Straße“.
Stadt beantragt Fördergelder für den Umbau von acht Haltestellen
Beim Umbau in Kirchenkirnberg möchte man auch eine Mittelinsel als Überquerungshilfe für Fußgänger schaffen, die von den Anwohnern gewünscht, aber bisher schwer umzusetzen war. Die geschätzten Gesamtkosten liegen bei rund 560000 Euro. Werden die Förderungen wie geplant gewährt, muss die Stadt unter dem Strich 395000 Euro für die Maßnahmen investieren. Das Antragsverfahren für die Landesgelder ist mit drei Stufen vergleichsweise langwierig, weshalb die Stadt mit einem Baustart kaum vor 2021 rechnet.
In der Diskussion tauchte eine ganze Reihe von Detailfragen auf. Einerseits bedauerte Martin Stierand (MDAL/Die Grünen), dass die Haltestelle am Ärztehaus nicht mit ins Paket aufgenommen werden konnte, andererseits fragte Brigitte Kübler (UL), wieso die Barrierefreiheit nicht schon bei der damaligen Einrichtung der Haltestelle berücksichtigt und umgesetzt worden sei. Dies konnte aber nicht so recht beantwortet werden. Ebenfalls erkundigte sie sich, ob nicht die Bushaltestelle in der Nähe der Bodelschwinghschule für geistig und körperlich behinderte Kinder und Jugendliche in die Liste gehöre, wozu Mößner sagte, dass die Schüler dort mit eigenen Fahrdiensten direkt vor Ort gebracht würden. Klaus-Peter Dörrscheidt (UL) wollte wissen, ob die Haltestelle an der Stadthalle sinnvoll sei, da sie zurzeit als Aussteige- und Einsteigepunkt für die Walterich- und Herzog-Christoph-Schüler weggefallen ist. Bürgermeister Mößner geht aber davon aus, dass die Bitte der Stadt an das zuständige Landratsamt, diese wieder mit aufzunehmen, auch umgesetzt wird.
Rolf Kirschbaum (CDU-FWV) sprach sich generell für die Planung aus, die mit Blick auf die zahlreichen Seniorenheime und auch Familien, die mit den Kinderwagen unterwegs sind, sinnvoll seien. Schon die Vorarbeiten für die Antragstellung zeigten die Komplexität und die hohen Kosten. „Mit der Absenkung von ein paar Bordsteinen ist es nicht getan“, sagte er. Er fragte, weshalb die Planung in Fornsbach nur eine Haltestelle vorsehe und nicht beide Richtungen berücksichtigt seien. Dies liege an der Linienführung, die kreisförmig verläuft beziehungsweise auf dem Hin- und Rückweg am selben Punkt hält, so Mößner.
Sehr infrage stellte Edgar Schäf (SPD) das Vorhaben: „Ich bin sehr überrascht über die Planungen.“ Er versteht nicht, weshalb die mit Neigetechnik ausgestatteten Busse und die Hochborde, die seiner Einschätzung nach an zwei Dritteln der Haltestellen in Murrhardt vorhanden sind, nicht ausreichten. Gert Rebmann führte vor allem die hohen Anforderungen wie beispielsweise den Fünfzentimeterabstand zwischen Bord und Buseinstieg als Hintergrund für den Umbau ins Feld. Edgar Schäf problematisierte zudem bei der Planung in Kirchenkirnberg, dass eine vorgelagerte Mittelinsel Laster gerade dazu einlade, statt in den Kreisel über ihn zu fahren.
Klaus Lang (CDU-FWV) hält die Umrüstung für sinnvoll, unterstrich aber auch die enormen Kosten für die Stadt. In diesem Zusammenhang wollte er wissen, wie viele der Haltestellen längerfristig umgebaut werden müssen, eine Frage, die auch Brigitte Kübler interessierte. Letztlich sei das Rechtsauslegung, sagte Mößner, er gehe davon aus, dass auf jeden Fall die Minimalforderung mit einer barrierefreien Haltestelle in Murrhardt, Fornsbach und Kirchenkirnberg erfüllt werden müsse.
Mit dem einstimmigen Beschluss verbunden ist der Planungsauftrag an das Ingenieurbüro Riker und Rebmann für rund 10800 Euro sowie die Antragstellung der Stadt, um in das entsprechende Landesförderprogramm aufgenommen zu werden.