Riesiger Jubel und ein riesiges Fiasko

Serie 70 Jahre Fußball an Rems und Murr (2000 bis 2010): Großaspach klettert in acht Jahren von der Landes- in die Regionalliga und siegt im WFV-Pokal. Kirchenkirnberg sorgt erst für Furore und überlebt wenig später nur knapp die Bruchlandung.

Erst Oberliga-Meister, dann WFV-Pokalsieger. Die Elf um Kapitän Dennis Grab (links) hatte im Sommer 2009 genügend Feiergründe. Foto: A. Wahl

© Andrea Wahl

Erst Oberliga-Meister, dann WFV-Pokalsieger. Die Elf um Kapitän Dennis Grab (links) hatte im Sommer 2009 genügend Feiergründe. Foto: A. Wahl

Von Dieter Gall

Der Marsch der SG Sonnenhof Großaspach von der Landes- in die Regionalliga prägte das erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts. Während die Fußballer aus dem Fautenhau stetig nach oben kletterten, herrschte bei Nachbar TSG Backnang sportliche Dürre. Wobei die weit weniger schlimm war als Kirchenkirnbergs Fiasko, das die Spvgg fast die Existenz kostete.

Kampf um die Führungsrolle: In der Runde 2001/02 bejubelte Großaspach mit Coach Jürgen Rapolder die Landesliga-Meisterschaft. Die Verbandsliga war erreicht und im Kampf um die Nummer eins im Murrtal hatte die SG die Nase vorne. Die TSG hatte sich mit Rang vier begnügen und der FC Viktoria als 13. in den sauren Abstiegsapfel beißen müssen. Für die Roten ging’s in der Saison 2002/03 in die Verbandsliga. Es war für lange Zeit der letzte große Fußballfeiertag der Roten. In der Verbandsliga folgte der sofortige Wiederabstieg und im Jahr drauf wurde erst am letzten Spieltag mit einem 2:0 in Weinstadt der Absturz in die Bezirksliga verhindert.

Riesiger Jubel und ein riesiges Fiasko

Höhenflug im Fautenhau hält an: Großaspach kletterte dagegen Stück für Stück. In der Saison 2004/05 holte Trainer Herbert Bentz mit der Elf um Kapitän Markus Gentner, Martin Cimander, Zlatko Blaskic und Marco Grüttner die Meisterschaft in der Verbandsliga und stieg als erstes Rems-Murr-Team in die Oberliga auf. Dort tat sich die SG zunächst schwer. Meistermacher Bentz wurde von Ex-Profi Alexander Malchow (Stuttgarter Kickers, SSV Reutlingen) ersetzt, doch weiterhin war vor allem Abstiegskampf angesagt. Das änderte sich nach der Verpflichtung von Markus Gisdol als Trainer im Sommer 2007. Zwar verabschiedete sich der derzeitige Coach des Bundesligisten 1. FC Köln nach Meinungsverschiedenheiten mit der Klubführung gegen Vorrundenende schon wieder, doch mit Nachfolger Thomas Letsch wurde vollends Erfolgskurs eingeschlagen. In der Saison 2008/09 wurde die Elf um Kapitän Dennis Grab, Rüdiger Rehm, die Torjäger Nicolo Mazzola, Abedin Krasniqi und Saer Sene sowie die Defensivspieler Cimander und Fabian Aupperle souverän Erster, stieg in die Regionalliga auf und gewann im Finale in Schwieberdingen mit einem 1:0 über den Verbandsligisten 07 Ludwigsburg (Tor: Mazzola) den WFV-Pokal. Allerdings verließ Letsch die SG nach dem Double, um in Portugal an einer Schule als Lehrer zu arbeiten. Nachfolger Jürgen Hartmann traf im ersten Pflichtspiel in der ersten DFB-Pokalrunde auf seinen Ex-Klub VfB Stuttgart und verlor mit der SG im Heilbronner Frankenstadion vor 14000 Fans trotz 1:0-Pausenführung (Tor: Shaban Ismaili) mit 1:4. Während Hartmann in der Rückrunde schon wieder gehen musste, obwohl der Neuling im Abstiegskampf ordentlich dastand, blieb Heilbronn vorläufig Aspacher Heimat, da die Anlage im Fautenhau damals nicht den DFB-Anforderungen für die Regionalliga entsprach.

Auf- und Abstiegsrelegation wird Standard: In einigen Bezirken und Ligen war die Auf- und Abstiegsrelegation schon Usus. Im gesamten WFV-Gebiet wurde sie 2004 eingeführt. Für die beteiligten Klubs sind die Entscheidungsspiele seither ein lukratives Zubrot am Ende einer Saison. Teilweise strömen über 1000 Zuschauer zu den mit Spannung erwarteten Duellen.

Berg-und-Tal-Fahrten in Unterweissach und Steinbach: Rauf und runter ging’s für den SVU und den SVS. Weissach holte in der Saison 2004/05 den Titel in der Kreisliga A 2. Als Neuling mischte es auch die Bezirksliga auf. Im Sommer 2007 war die Täleself dann in der Landesliga ein Gegner der TSG. Als 13. ging’s für den SVU sofort wieder runter. Er kehrte als Meister der Saison 2008/09 zwar rasch in die Landesliga zurück, aber nur um als Vorletzter erneut gleich wieder abzusteigen.

Ähnlich lief es beim SV Steinbach, der im Sommer 2002 die Meisterschaft in der Kreisliga B 2 und zwölf Monate später den Titel in der Kreisliga A 2 feierte. Die Bezirksliga musste Steinbach aber nach nur einem Jahr schon wieder verlassen.

Zwei Jahre lang feierte Kirchenkirnberg, dann folgte die böse Bruchlandung. Foto: B. Strohmaier

Zwei Jahre lang feierte Kirchenkirnberg, dann folgte die böse Bruchlandung. Foto: B. Strohmaier

Kirchenkirnbergs Höhenflug endet im Fiasko: Erst wurde das ganz große Rad gedreht und kräftig gejubelt, dann folgte im kleinen Murrhardter Ortsteil Kirchenkirnberg die Bruchlandung. In den Runden 2004/05 und 2005/06 ging es von der Kreisliga B 2 rauf in die Bezirksliga. Dort war der Höhenflug abrupt beendet und der Verein fast kaputt. Das Geld war ausgegangen und die zuvor damit angelockten Rubelkicker waren prompt weg. Um den Spielbetrieb überhaupt aufrechterhalten zu können, musste ein Mix aus A-Jugendlichen und vorherigen Reservespielern ran. Am Ende stand der Abstieg mit 0 Punkten und 6:189 Toren. Der Sinkflug ging jedoch weiter und ab dem Sommer war die Kreisliga B wieder Kirchenkirnbergs Standard. Die Spvgg selbst schreibt über diese Zeit: „Trotz der von Ulrich Doderer ehrgeizig betriebenen sportlichen Erfolge drückten den Verein finanzielle Probleme. Insbesondere größere Steuernachforderungen stürzten den Verein in erhebliche Turbulenzen.“ Die bliesen den langjährigen Vorsitzenden Doderer davon. Ein Dreiergremium übernahm und rettete den Klub vor der drohenden Insolvenz.

Der Große Alexander erreicht das erste Mal die Bezirksliga: In Backnang wiederum machte ein dritter Klub auf sich aufmerksam. Der Große Alexander wurde in der Saison 2009/10 Kreisliga-A-2-Meister vor dem punktgleichen VfR Murrhardt. Das erste Mal hatte der griechisch geprägte Verein die Bezirksliga erreicht, in der Lokalrivale FC Viktoria im Titelkampf nur am FSV Waiblingen gescheitert war.

Mit der Serie blicken wir auf die sieben Jahrzehnte Fußball an Murr und Rems nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Wir erzählen von großen Erfolgen, heißen Duellen und fulminanten Auf- sowie bitteren Abstiegen.

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Erstellt:
25. März 2021, 06:00 Uhr

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