Ausgeklügelte Pyrotechnik
So machten Menschen vor zehntausenden Jahren Feuer
Vor 32 000 Jahren wurde das erste Feuerzeug erfunden. Die Menschen entdeckten, dass ein Funke entsteht, wenn sie zwei bestimmte Steine aufeinander schlugen. Mit dem Funken ließ sich Reisig oder Zunderschwamm zum Glimmen bringen. So wurde der Homo sapiens zum Beherrscher des Feuers.

© Imago/Zoonar
Die Zähmung von Wildfeuern (beispielsweise aus Blitzschlägen oder Erdbränden) und später die Kunstfertigkeit, Feuer zu entfachen, waren wichtige Schritte auf dem Weg der Menschwerdung.
Von Markus Brauer
Egal ob zum Kochen, Wärmen, als Lichtquelle oder zum Herstellen von Werkzeugen: Bisher wird angenommen, dass Feuer für die Menschen in der Eiszeit überlebensnotwendig war. Rätselhaft ist jedoch, dass bisher kaum gut erhaltene Belege für Feuerstellen aus dem kältesten Abschnitt der Eiszeit in Europa gefunden wurden.
Eine Gruppe von Wissenschaftern unter Leitung der Universität der Algarve und der Universität Wien konnte nun Licht in das Rätsel um das Eiszeit-Feuer bringen. Ihre Analyse von drei Feuerstellen an einer prähistorischen Fundstätte in der Ukraine zeigt: Die Menschen der letzten Eiszeit bauten verschiedene Feuerstellen und benutzten vor allem Holz, möglicherweise aber auch Knochen und Fett zum Befeuern. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin „Geoarchaeology“ veröffentlicht worden.
New Publication! New Paper by HEAS Members #MarjoleinBosch and #PhilipNigst et al. on 'Fire Use During the Last Glacial Maximum: Evidence From the Epigravettian at Korman‘ 9, Middle Dniester Valley, Ukraine'#HEASPublicationshttps://t.co/pOn4cjZbkn — HEAS Vienna (@HeasVienna) April 3, 2025
Unterschiedliche Nutzung des Feuers in der Altsteinzeit
Archäologische Untersuchungen zeigen: Die Menschen in der Altsteinzeit in Europa nutzten vor 45.000 bis 10.000 Jahren das Feuer auf verschiedene Weise. „Beim Feuer ging es nicht nur darum, sich warm zu halten. Es war auch für das Kochen, die Herstellung von Werkzeugen und für gesellige Zusammenkünfte unerlässlich“, erklärt Philip R. Nigst, Archäologe an der Universität Wien.
Oft wurde angenommen, dass Feuer für das Überleben der Jäger und Sammler im eiszeitlichen Europa unerlässlich war. Erstaunlicherweise gibt es aber kaum gut erhaltene Belege für die Nutzung von Feuer aus dem kältesten Abschnitt der Eiszeit – also vor 26.500 bis vor 19.000 Jahren – in Europa.
Kaum Belege aus der Zeit des Höhepunkts der Eiszeit
„Wir wissen zwar, dass Feuer vor und nach diesem Zeitraum weit verbreitet war, aber es gibt kaum Belege aus der Zeit des Höhepunkts der Eiszeit“, sagt William Murphree, Geoarchäologe an der Universität der Algarve.
Die Forscher haben drei von ihnen entdeckte Feuerstellen an einer prähistorischen Fundstätte in der Ukraine genauer analysiert. Mithilfe einer Reihe innovativer geoarchäologischer Techniken identifizierte das Team drei einfache flache, mit Holz befeuerte Feuerstellen.
Diese Feuer erreichten Temperaturen von mehr als 600 Grad Celsius, was eine ausgeklügelte Beherrschung der Pyrotechnik selbst angesichts extremer Umweltbelastungen beweist.
Holz, Knochen und Fett als Brennstoff
Die Analyse zeigt auch, dass Menschen in der Zeit des Höhepunkts der Eiszeit Holz als Hauptbrennstoff verwendeten. Holzkohleanalysen weisen auf Fichtenholz hin. Aber auch andere Brennstoffe wie Knochen oder Fett könnten verwendet worden sein.
„Einige der an der Fundstätte gefundenen Tierknochen wurden in einem Feuer mit einer Temperatur von über 650 Grad Celsius verbrannt. Wir untersuchen derzeit, ob sie als Brennstoff verwendet wurden oder nur versehentlich verbrannt sind“, berichtet Marjolein D. Bosch, Archäozoologin an der Universität Wien.
Alle drei Feuerstellen sind offene und flache Feuerstellen. Die Forschungsergebnisse deuten auf eine ausgeklügelte Nutzung des Feuers hin. Denn die Feuerstellen dürften in unterschiedlichen Jahreszeiten gebaut und auch unterschiedlich genutzt worden sein.
„Die Menschen kontrollierten das Feuer perfekt“
Eine der drei Feuerstellen ist etwas größer und dicker. Hier wurden vermutlich höhere Temperaturen erzielt. „Die Menschen kontrollierten das Feuer perfekt und wussten es auf verschiedene Weise zu nutzen – je nach Zweck des Feuers. Unsere Ergebnisse zeigen auch, dass diese Jäger und Sammler während ihrer jährlichen Wanderungen denselben Ort zu verschiedenen Jahreszeiten nutzten“, erläutert Nigst.
Hatten die Eiszeitmenschen nicht ausreichend Brennstoff?
Trotz dieser neuen Erkenntnisse bleibt die geringe Anzahl an Feuerstellen aus der Zeit des letzten Eiszeitmaximums rätselhaft. „Wurden die meisten Beweise durch das für die Eiszeit typische, wechselnde Auftauen und Zufrieren des Bodens zerstört?“, fragt Murphree.
„Oder haben die Menschen während des letzten Eiszeitmaximums nicht genug Brennstoff gefunden? Haben sie kein Feuer benutzt, sondern sich stattdessen auf andere technologische Lösungen verlassen?“, ergänzt Nigst.
Indem sie die Rolle des Feuers in der menschlichen Evolution weiter aufdecken, hoffen die Forscher, Licht in eine der wohl grundlegendsten Technologien zu bringen, die den Erfolg unserer Spezies bei der Besiedlung jedes einzelnen Teils dieses Planeten mitgeprägt hat.