Folgen des Klimawandels
Temperaturextreme und Luftverschmutzung werden existenzbedrohend
Jährlich 30 Millionen Todesfälle durch abnorme Temperaturen und Luftverschmutzung bis zur Jahrhundertwende prognostiziert. Für 20 Prozent der Weltbevölkerung stellen Extremtemperaturen ein größeres Risiko dar als die Luftverschmutzung.
Von Markus Brauer
Die jährliche Sterblichkeitsrate durch Luftverschmutzung und extreme Temperaturen könnte bis Ende des 21. Jahrhunderts auf 30 Millionen Menschen ansteigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Fachmagazin „Nature“ unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz.
Scientists in @ScienceAdvances have assessed the ability of a new heat-cold-health early warning system to predict mortality due to extreme weather events in Europe, where 110,000 people died as a result of record-breaking temperatures in 2022 and 2023. https://t.co/ZFlXdhwtfNpic.twitter.com/grwS15CnSy — Science Magazine (@ScienceMagazine) November 17, 2024
Erhebliche regionale Unterschiede bei Sterbedaten
Die auf Simulationen basierenden Forschungsergebnisse zeichnen ein besorgniserregendes Bild: Todesfälle durch Luftverschmutzung könnten sich verfünffachen, während die temperaturbedingte Sterblichkeit siebenmal höher ausfallen könnte. Damit würden extreme Temperaturen für mindestens 20 Prozent der Weltbevölkerung ein größeres Gesundheitsrisiko darstellen als Luftverschmutzung.
- Die Studie zeigt erhebliche regionale Unterschiede bei den zukünftigen Sterberaten. Die höchsten werden in Süd- und Ostasien aufgrund der alternden Bevölkerung erwartet, wobei die Luftverschmutzung als Todesursache weiterhin eine große Rolle spielt.
- In einkommensstarken Regionen wie Westeuropa, Nordamerika und im asiatisch-pazifischen Raum zeichnet sich hingegen ein anderer Trend ab: Hier werden zunehmend mehr Menschen an extremen Temperaturen als an verschmutzter Luft sterben.
- In den Vereinigten Staaten, England, Frankreich, Japan und Neuseeland sterben bereits heute mehr Menschen an abnormen Temperaturen als an Luftverschmutzung.
- Diese Entwicklung wird sich auch in Ländern Mittel- und Osteuropas, wie Polen und Rumänien, sowie in Teilen Südamerikas, wie Argentinien und Chile, fortsetzen.
Bis zu 10,8 Millionen Hitzetote im Jahr 2100
Die Forscher stützen ihre Berechnungen auf Projektionen von 2000 bis 2090, die sie in Zehnjahresintervallen analysierten. „Im Jahr 2000 starben rund 1,6 Millionen Menschen aufgrund extremer Temperaturen, sowohl durch Kälte als auch Hitze. Bis Ende des Jahrhunderts steigt diese Zahl im wahrscheinlichsten Szenario auf 10,8 Millionen, also auf rund das Siebenfache“, erklärt Andrea Pozzer vom Max-Planck-Institut für Chemie.
„Wegen Luftverschmutzung starben im Jahr 2000 etwa 4,1 Millionen. Bis Ende des Jahrhunderts steigt diese Zahl auf 19,5 Millionen, also auf rund das Fünffache“, fährt Pozzer fort. Im wahrscheinlichsten Szenario gehen die Modellierungen von einem moderaten Fortschritt beim Klimaschutz aus.
Der Klimawandel sei nicht nur ein Umweltproblem. Er bedrohe direkt die öffentliche Gesundheit, warnt Pozzer. Jean Sciare, Direktor des Forschungszentrums für Klima und Atmosphäre des Cyprus Institute in Nikosia und Mitautor der Studie, ergänzt: „Die Ergebnisse der Studie zeigen, wie wichtig es ist, jetzt zu handeln, um künftige Verluste an Menschenleben zu verhindern.“