SV Sparkassenversicherung
Versicherer wirft KfZ-Werkstätten „Gierflation“ vor
Die SV Sparkassenversicherung legt sich mit dem KfZ-Gewerbe an. Denn etliche Werkstätten langen bei der Rechnung ordentlich zu, wenn der Autoversicherer zahlt. Die Branche versucht sich zu wehren.

© picture alliance /dpa/David-Wolfgang Ebener
Nicht wenige Werkstätten langen bei der Rechnung ordentlich zu, wenn der KfZ-Versicherer die Rechnung bezahlt.
Von Matthias Schiermeyer
Die SV Sparkassenversicherung mit Sitz in Stuttgart blickt an sich auf ein erfolgreiches Jahr zurück. So hat sie bei Lebensversicherungen ihr bestes Neugeschäft nach 2004 erzielt. Auch in der Schaden-/Unfallversicherung hat sie 2024 mit einem Neugeschäft von 190,0 Millionen Euro ein neues historisches Rekordergebnis erreicht.
Doch bei einem Teilbereich geht der SV-Finanzvorstand Roland Oppermann quasi an die Decke: „Gierflation“ wirft er einigen KfZ-Werkstätten über die inflationsbedingten Kostensteigerungen hinaus vor. Denn diese Werkstätten stellten deutlich erhöhte Rechnungen, sobald sie wissen, dass ein Schaden mit der Versicherung abgerechnet wird. Wenn ein Privatkunde sage, dass er den Schaden selbst trage, dann erhalte er eine völlig andere Schadensberechnung, obwohl Personalkosten und Miete gleich hoch seien. Da gebe es Werkstätten, die einen Stundensatz von 400 Euro verlangten, sagt Oppermann. „Das kriegt ja nicht der Schrauber an Lohnkosten, da macht irgendjemand anderes die Hand auf.“
Geschädigt wird „das Kollektiv“
Die Versicherung sei aber „nicht die Europäische Zentralbank – wir drucken kein Geld“, sagt der Finanzvorstand. „Die Werkstätten schädigen nicht die Versicherung, und auch der Versicherungsnehmer sollte nicht denken, dass er die Versicherung schädigt – er schädigt das Kollektiv.“ Denn damit würden auch die Beiträge steigen. Der Kunde könne im Prinzip zwar frei entscheiden, welche Werkstatt er aufsuchen will. Doch „wir sind als Branche gehalten, das Kollektiv zu schützen“, sagt Oppermann.
Und die Branche versucht zu reagieren: Während Deutschlands größter Autoversicherer HUK-Coburg die Werkstattkette Pitstop übernimmt, machen andere Versicherer wie die SV mit immer mehr Werkstätten Exklusivverträge und bieten ihren Kunden mit einer Werkstattbindung vergünstigte Tarife an. Die ganze Branche sei im KfZ-Bereich seit zwei Jahren „hochdefizitär“ – mit einem Verlust von drei Milliarden Euro im Jahr 2023 auf dem Feld. 100 Euro an Beiträgen stünden rechnerisch 106 Euro an Schäden und Kosten gegenüber – so sei man auch in diesem Jahr „weit von Profitabilität entfernt“.
Regionale Unwetter verursachen immer mehr Schäden
Die Bruttoaufwendungen in der Schaden- und Unfallversicherung sind für die SV im Vergleich zum Vorjahr um 8,3 Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro gestiegen. Der Zuwachs ist maßgeblich auf die hohen Unwetterschäden zurückzuführen, aber auch Leitungswasserschäden schlagen neben den Kosten für Reparaturen und Ersatzteile in der KfZ-Versicherung zu Buche.
Die Unwetterfolgen hätten einen Elementarschadenaufwand von 396,9 Millionen Euro verursacht, sodass 2024 in dem Bereich das viertschlechteste Jahr der Unternehmensgeschichte gewesen sei – nach 2021, 2013 und 1999. Regionale Unwetter hätten vor allem in den Sommermonaten Gebäude und Fahrzeuge massiv beschädigt. Allein die großen Unwetter in Baden-Württemberg von Mai bis August 2024 hätten insgesamt 15 600 Schäden mit einem Schadenaufwand von 233 Millionen Euro ausgelöst.
Bestes Neugeschäft mit Lebensversicherungen seit 2004
In der Lebensversicherung wurde das beste Neugeschäft seit 2004 erzielt. Die Beitragssumme erreichte 3,34 Milliarden Euro. Hohe Zuwächse gab es sowohl beim laufenden Beitrag als auch bei den sogenannten Einmalbeiträgen. Diese sind Oppermann zufolge vor allem in Zeiten niedriger Zinsen relevant, weil viele Kunden dann frei verfügbares Geldvermögen eher in die Verrentung umschichten. Das insgesamt gestiegene Interesse an der Vorsorge fürs Alter, die erhoffte Teilhabe am Kapitalmarkt, aber auch der „Vertriebsweg Sparkasse“ seien „maßgebliche Treiber“ gewesen. 80 Prozent des SV-Neugeschäfts kämen über die Sparkassen.
Der Finanzfachmann hält der Politik dennoch teils falsche Versprechungen im Wahlkampf vor: „Wer sich jetzt noch darauf verlässt, dass die gesetzliche Rentenversicherung nach über 40 Berufsjahren in einen schönen Ruhestand hineinträgt, der muss schon in einem echten Wolkenkuckucksheim leben.“ Dass jeder selbst etwas tun müsse, werde insgesamt aber verstanden.