Bietigheimer Olymp-Chef Mark Bezner
„Vielleicht wird mein Sohn Louis mein Nachfolger“
Mark Bezner (62) führt in Bietigheim-Bissingen den Hemdenspezialisten Olymp in dritter Generation. Nun macht er sich über seine Nachfolge Gedanken. Zuvor muss er Olymp durch eine der größten Krisen der Modebranche navigieren.

© Olymp
Olymp-Chef Mark Bezner (links) mit seinem ältesten Sohn Louis Bezner. Dieser übernahm vor kurzem von Katja Beibl (Mitte) den Chefposten der Olymp-Tochter Maerz Muenchen.
Von Daniel Gräfe
Olymp ist ein traditionelles Familienunternehmen in Bietigheim-Bissingen. Und doch schätzt man bei Deutschlands Hemden-Marktführer einen Schuss Hollywood. Nach Gerald Butler wirbt mit Matthew McConaughey der nächste Superstar für das Unternehmen. Dafür startete Olymp die größte Marketing-Kampagne seiner Geschichte. Wie das mit der Krise in der Modebranche zusammenpasst, verrät Olymp-Chef Mark Bezner im Interview.
Herr Bezner, was war privat ihre wichtigste Krisenerfahrung?
Da erinnere ich mich eigentlich an nichts Dramatisches. Zumindest hat mich privat nichts so sehr beschäftigt wie jetzt als Unternehmer.
Sie meinen damit die Krise in der Modeindustrie.
Ja, die Branche ist jetzt seit fünf Jahren unter großem Druck. Die Achterbahnfahrt hat 2020 mit dem Beginn der Coronapandemie begonnen. Der Umsatz ist abgestürzt, danach ging es mit dem Umsatz wieder nach oben. Das vergangene Jahr war aber für uns am schlimmsten. Fast alle unserer Großkunden waren 2024 oder 2023 in der Insolvenz.
Welche Unternehmen meinen Sie?
Die Kaufhäuser Peek & Cloppenburg Düsseldorf und Galeria Karstadt Kaufhof. Dazu kamen die Modeketten Sinn und Wormland. Damit waren eine ganze Reihe an Verkaufspunkten betroffen, zahlreiche Standorte wurden geschlossen. Diese strukturelle Entwicklung hat uns in Verbindung mit einer allgemeinen enormen Kaufzurückhaltung bei Bekleidung gegenüber 2019 fast ein Fünftel des Jahresumsatzes gekostet.
Stehen noch mehr Modehäuser auf der Kippe?
Ich kenne zwei, drei größere Abnehmer, um die ich mir ernsthaft Sorgen mache, Namen will ich aber nicht nennen. Aber der Modehandel steht derzeit enorm unter Druck.
Wann geht es wieder aufwärts?
Wenn es gelingt, die Psyche des Verbrauchers aufzuhellen. Momentan sind die Verbraucher aufgrund der vielen Konflikte und wirtschaftlichen Herausforderungen zutiefst verunsichert, unsere Zielgruppe – die gehobene Mittelschicht – spart.
Wie viel Sorgen bereitet Ihnen die Krise der Automobilindustrie?
Ich sehe harte Zeiten auf uns zukommen, auch wegen der Entwicklungen im Maschinenbau und der Chemieindustrie. Deutschland ist von den Exporten abhängig. Ich bin skeptisch, dass wir in den nächsten Jahren ein nennenswertes Wirtschaftswachstum haben werden. Jede Sparmaßnahme, jede Entlassungswelle schadet uns, selbst wenn die Verbraucher nicht direkt davon betroffen sind. Solche Nachrichten verunsichern und hemmen die Konsumbereitschaft. Das ist Gift für unsere Branche.
Wie stellen Sie Olymp für die Zukunft auf?
Wir haben in die digitale Produktentwicklung und die digitalen Showrooms Millionen von Euro investiert, ebenso in unsere neue Unternehmenssoftware. Außerdem investieren wir stark in unsere Marke und rollen gerade die größte Kampagne in der Olymp-Geschichte aus. Marken werden immer wichtiger, um Kunden zum Kauf zu bewegen. Wir müssen die Bekanntheit und die Begehrlichkeit weiter steigern.
Was machen Sie konkret?
Der Oscar-Gewinner Matthew McConaughey ist mindestens für die kommenden drei Jahre unser Markenbotschafter. Mit ihm wollen wir uns weiter von einem Spezialisten für hochwertige Produkte zu einer Lifestyle-Marke wandeln. Die Motive spielen wir auf allen Kanälen vor allem in unseren Kernmärkten in Deutschland, Benelux, Österreich und der Schweiz aus, wo wir insgesamt rund 85 Prozent unserer Umsätze erzielen. Dafür geben wir jährlich eine zweistellige Millionensumme aus.
Ist Hugo Boss ein Vorbild, wo man die Marken Hugo und Boss neu erfunden und auch jüngere Zielgruppen erschlossen hat?
Auf jeden Fall. Mit Matthew McConaughey wollen wir eine jüngere Kundschaft erreichen und auch unser Segment mit Freizeitmode bekannter machen. Außerdem haben wir zu einzelnen Segmenten oder Themenschwerpunkten noch andere Botschafter, wie etwa Boris Herrmann für den Bereich Nachhaltigkeit oder Kevin Kurányi für unser Poloshirt-Segment. Auch mit T-Shirts und Strickkollektionen machen wir schon gute Umsätze, wollen aber noch mehr Kunden gewinnen.
Spielt Nachhaltigkeit für den Verkauf überhaupt noch eine Rolle?
Leider kaum. Die Bedeutung hat in den vergangenen Jahren nachgelassen. Dennoch arbeiten wir weiter daran, etwa beim Einsatz von nachhaltigeren Rohstoffen, bei Sozial- und Umweltstandards und entlang der Lieferkette. Nachhaltigkeit wird mittel- und langfristig wieder eine größere Rolle spielen.
Eigentlich müssten Sie sauer sein, dass Brüssel das umstrittene Lieferkettengesetz verschieben und vereinfachen will.
Bei der Erfüllung der Vorgaben sind wir schon sehr weit. Vielleicht wäre es für uns ein Wettbewerbsvorteil gewesen, hätte man das Gesetz durchgeboxt. Aber verstehen Sie mich nicht falsch: Ich lechze sicherlich nicht nach mehr Auflagen und Bürokratie.
Sie sind gerade 62 Jahre geworden. Haben Sie sich schon um die Unternehmensnachfolge Gedanken gemacht?
Ich habe spät Kinder bekommen, dafür aber viele: Meine Töchter sind 17 und 21, meine Söhne 24 und 27. Der älteste, Louis, ist im November 2024 in die Unternehmensgruppe eingestiegen und Geschäftsführer unserer Strickwarentochter Maerz Muenchen geworden.
Ist das die Maßnahme, um sich für den künftigen Olymp-Chefposten zu bewähren?
Das könnte eine logische Entwicklung sein, vielleicht wird Louis mein Nachfolger. Aber er wird erst einmal einige Jahre in München sein und sein Gesellenstück abliefern. Ich bin froh, dass er den Posten und die mit ihm einhergehende Herausforderung übernommen hat, weil meine Geschäftsführerin kurzfristig ihren Vertrag aus persönlichen Gründen aufgelöst hat.
Wer aus der Familie stünde noch zur Verfügung?
Mein Sohn Paul studiert derzeit in den USA. In den vergangenen Jahren hat er durch Praktika in verschiedenen Branchen Erfahrungen gesammelt und sich noch nicht entschieden. Er ist tendenziell eher der Kreative – aber auch in diesem Bereich gäbe es ja genügend Einsatzmöglichkeiten bei Olymp.
Haben Sie sich eine Frist gesetzt, wann Sie sich aus dem Unternehmen zurückziehen werden?
Mit 70 bin ich sicherlich nicht mehr Olymp-Chef. In den nächsten fünf Jahren werde ich sicherlich einen Schritt dahin gehen.
Einen finalen Schritt?
Ich werde dem Unternehmen immer verbunden sein und meine Tätigkeit sicherlich nicht auf eine Beiratstätigkeit beschränken. Es gibt auch Zwischenlösungen, ohne dass man dem Nachfolger auf dem Schoß sitzt. Es gibt bei Olymp so viele interessante wie relevante Bereiche, für die ich gerne mehr Zeit investieren würde.
Das klingt nicht danach, dass Sie loslassen könnten.
Doch, ich kann loslassen, zu 100 Prozent. Wenn ich weiß, dass das Unternehmen in guten Händen ist, habe ich kein Problem damit.
Dann haben Sie bestimmt schon viele Dinge im Kopf, die Sie gerne in ihrer Rente machen möchten.
Ich habe eine enorme Passion fürs Segeln entwickelt und segle in einer sehr ambitionierten Klasse, der ClubSwan 50, mit einem 50-Fuß-Boot in einem europäischen Wettbewerb. Ich könnte mich noch mehr um unsere Olymp-Bezner-Stiftung kümmern, die weltweit Projekte für Kinder und Jugendliche unterstützt.
Früher sind Sie in ihrem hauseigenen Outdoor-Pool täglich 1500 Meter geschwommen. Machen Sie das nach wie vor?
Ich treibe noch immer täglich Sport, sonst funktionieren mein Körper und Geist nicht. Derzeit schwimme ich aber nicht oft. Aus Gründen der Nachhaltigkeit ist der Pool derzeit nicht geheizt. Außerdem wäre es zu teuer.
Olymp-Chef in dritter Generation
PersönlichesMark Bezner, Jahrgang 1963, wurde in Bietigheim-Bissingen geboren. Nach einem Studium der Wirtschaftswissenschaften und ersten Berufserfahrungen arbeitet er seit 1990 für Olymp. 1995 wurde er in die Geschäftsführung berufen, seit 1999 ist er Gesellschafter. 2010 übernahm er mit Olymp den Strickspezialisten März München. Bezner wurde von markt intern als „Manager des Jahres“ ausgezeichnet und war als Teenager Mitglied der deutschen Schwimmnationalmannschaft. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.
OlympOlymp wurde 1951 von Eugen Bezner in der Waschküche seines Hauses in Bietigheim gegründet und stellte von Anfang an Herrenhemden her. Nach seinem plötzlichen Tod übernahm sein Sohn Eberhard im Alter von 24 Jahren die Geschäfte. 1995 wird dessen Sohn Mark Bezner in die Geschäftsführung berufen. Olymp hat derzeit 860 Beschäftigte und erzielte 2024 einen Umsatz in Höhe von 212 Millionen Euro.