Attentat in den USA

Vom Musterschüler zum Attentäter – und dann zum Internet-Hit

Der mutmaßliche Attentäter des United-Healthcare-Chefs sitzt in Haft. Im Netz entwickelt sich ein regelrechter Hype um den ehemaligen Elitestudenten.

Mittels Überwachungskamera war der Attentäter leicht zu identifizieren – seine Jacke wurde zum Verkaufsschlager.

© dpa/HOGP

Mittels Überwachungskamera war der Attentäter leicht zu identifizieren – seine Jacke wurde zum Verkaufsschlager.

Von Thomas Spang

Alles in seinem Lebenslauf deutete darauf hin, dass Luigi Mangione eine große Zukunft vor sich haben wird. Der 26-Jährige stammt aus einer wohlhabenden Familie von Geschäftsleuten und Politikern in Baltimore. Seine Eltern schickten ihn auf die renommierte Gilman Privatschule, die im Jahr 37 690 Dollar Schulgeld kostete. Als Jahrgangsbester hielt Mangione die Abschlussrede. „Er war vermutlich der Intelligenteste an unserer Eliteschule“, erinnert sich sein ehemaliger Klassenkamerad Aaron Cranston.

Auch andere, die den Computerwissenschaftler mit Abschlüssen von der elitären University of Pennsylvania kannten, sahen ihn auf dem Weg nach ganz oben. Dass er heute nicht an der Spitze eines Unternehmens, sondern stattdessen in dringendem Verdacht steht, Anfang Dezember den Chef von United Healthcare, Brian Thompson, erschossen zu haben, stößt auf Unglauben. Doch die Beweise sind erdrückend.

Die Polizei nahm den mutmaßlichen Attentäter nach einer Großfahndung in einem McDonald’s von Altoona im Bundesstaat Pennsylvania fest. Die Wende brachte der Tipp eines Mitarbeiters der Schnellrestaurantkette. Er hatte den Verdächtigen aus den Fahndungsfotos erkannt.

„Er saß einfach da und aß“, beschreibt Joseph E. Kenny, Chef der New Yorker Mordkommission, die Umstände der Festnahme. Bei der Frage, ob er zuletzt in New York gewesen sei, „wurde er still und begann zu zittern“. In seinem Rucksack fanden die Ermittler eine mit einem 3D-Drucker hergestellte Pistole samt Schalldämpfer, ein Glock-Magazin mit sechs Patronen und ein handgeschriebenes Manifest.

„Es musste getan werden“

Darin ließ Mangione wenig Zweifel an seinem Motiv. Er prangerte Krankenversicherer an, die ihre „immensen Profite“ zulasten des Wohlergehens der Patienten erwirtschaften würden. „Ich entschuldige mich für das Leid und das Trauma“, schrieb Mangione. „Aber es musste getan werden.“

Bleibt die Frage, was den mutmaßlichen Attentäter so radikalisiert hat. Vielleicht ist es eine persönliche Leidensgeschichte. Recherchen ergaben, dass Mangione über Jahre mit schweren Rückenproblemen kämpfte, die sein Leben stark einschränkten. Nach einer Operation, die die Probleme nicht löste, tauchte er vor einem halben Jahr plötzlich ab.

Im Netz entwickelt sich ein Hype

Bereits kurz nachdem die ersten Fahndungsfotos aufgetaucht waren, entwickelte sich in den USA ein regelrechter Hype um den 26-Jährigen, der trotz seiner Tat viele Sympathisanten hat. Im Washington Square Park in New York City ermittelten am Sonntag acht junge Männer in einem Lookalike-Wettbewerb, wer dem Attentäter besonders ähnlich sah.

Auf der Social-Media-Plattform Reddit veröffentlichten mehrere Nutzer ihre Recherchen, dass sich die Jacke, die Mangione auf den Fahndungsbildern trug, sprunghaft besser verkaufte. Auch Kleidungsstücke mit dem Logo der Videospielfigur Luigi entwickelten sich zum Verkaufsschlager.

Als am Montag sein Name öffentlich wurde, ging es im Internet erst so richtig zur Sache, denn der Attentäter war dort leicht zu finden. Es machten Urlaubsfotos die Runde, auf denen er seinen nackten, muskulösen Oberkörper präsentierte. Jemand teilte einen Screenshot aus dem Facebook-Profil des mutmaßlichen Täters, in dem er 2010 vom Tod seines Fisches im Aquarium-Filter berichtete – der Ursprung von Mangiones Radikalisierung, scherzte ein Nutzer.

https://t.co/kJX6ncMiQs pic.twitter.com/NvPAPYY5M7 — john patrick: future president (@john_from_hr) December 9, 2024

Seine Familie möchte derweil Klarheit über das tatsächliche Motiv. Nino Mangione, Abgeordneter im Bundesstaat Maryland und Cousin des mutmaßlichen Attentäters, sagte, niemand könne sich die Tat erklären. „Wir sind schockiert und am Boden zerstört“.

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Erstellt:
10. Dezember 2024, 18:28 Uhr

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