113 Millionen Jahre altes Fossil

Vulcanidris cratensis: Das ist die älteste Ameise der Welt

Sie stammt aus einer weit zurückliegenden Zeit: Trotzdem gibt es Neuigkeiten von der sogenannten Höllenameise. Forscher haben einen erstaunlichen Fund gemacht.

So könnte die kreidezeitliche Höllenameise Vulcanidris cratensis  einst ausgesehen haben.

© © Diego M. Matielo

So könnte die kreidezeitliche Höllenameise Vulcanidris cratensis einst ausgesehen haben.

Von Markus Brauer

Sensenartige, nach oben gerichtete Mundwerkzeuge, schlanke Beine und Flügel: So sieht die älteste der Wissenschaft bekannte Ameise aus. Es handelt sich um ein Weibchen der sogenannten Höllenameise mit einer Körperlänge von 2,77 Millimetern.

Ameisen – die wahren Herrscher der Welt

Vulcanidris cratensis, wie ihr wissenschaftlicher Name lautet, ist der Vorfahr der heutigen Krabbeltiere. Mindestens 20 Billiarden Ameisen bevölkern die Erde. Das sind 2,5 Millionen Ameisen pro Mensch. Die trockene Biomasse aller Ameisen ist größer als die aller Vögel und wild lebenden Säugetiere zusammen.

Damit sind die sozial agierenden Insekten die wahren Herrscher der Welt. Doch woher sie kamen, wann und wie ihre urzeitlichen Ahnen aus der Kreidezeit lebten, darüber ist angesichts der dürftigen Quellenlage an Fossilien nur wenig bekannt.

Die Ur-Ur-Oma aller heutigen Ameisenvölker

Umso einzigartiger ist ein Fund, den Anderson Lepeco vom Zoologischen Museum der Universität São Paulo in Brasilien und sein Team jüngst in der Sammlung des Museums gemacht haben. Es handelt sich dabei um eine 113 Millionen Jahre alte fossile Ameise aus der sogenannten Crato-Formation im Nordosten Brasiliens. Es ist . . . die älteste jemals entdeckte Ameise.

Vulcanidris cratensis lebte in der mittleren Kreidezeit und übertrifft das Alter der bislang ältesten Ameisenfossilien um 13 Millionen Jahre, wie das Team berichtet. Jene sind nur als Bernstein-Einschlüsse erhalten, Vulcanidris dagegen existiert als Gesteinsfossil, was den Fund noch bedeutsamer macht.

Einer der ersten, aber nicht allererste Ameise

Zu den allerersten Ameisen auf dem Planeten gehörte die kaum mehr als einen Zentimeter große Vulcanidris-Art aber nicht. Stammbaumanalysen deuten darauf hin, dass sich die ersten Ameisen schon vor etwa 139,7 Millionen Jahren von der Überfamilie der Apoidea abgespalten haben, die Bienen und Grabwespen umfasst. Von diesen Ur-Ameisen sind jedoch noch keine Fossilien gefunden worden.

Höllenameise mit speziellem Maul

Obwohl Vulcanidris nicht die erste aller Ameisenarten war, gehörte sie zu einer der frühesten Ameisengruppen – den sogenannten Höllenameisen aus der heute ausgestorbenen Unterfamilie der Haidomyrmecinae. Höllenameisen sind für ihre räuberischen Anpassungen bekannt, so auch das neuentdeckte brasilianische Exemplar.

„Die Mikro-Computertomografie von Vulcanidris cratensis ergab bemerkenswerte Mundwerkzeuge mit nach hinten gerichteten Spitzen, die den Kopfschild berühren und einen Zwischenraum bilden, der wahrscheinlich zum Ergreifen der Beute diente“, schreiben die Forscher.

Vor allem der Fressapparat mit dem Maul zeigt, dass auch frühe Ameisen bereits ausgeklügelte räuberische Strategien entwickelt hatten, die sich deutlich von denen ihrer modernen Gegenstücke unterschieden.

Anpassungsfähig und weit verbreitet

Vulcanidris ist nicht nur aufgrund ihrer Anatomie oder ihres Alters so einzigartig, sondern auch aufgrund des Fundortes in Brasilien. Alle bisher bekannten Höllenameisen-Spezies wurden in Ländern anderer Kontinente entdeckt: Frankreich, Myanmar sowie Kanada. Das deutet auf eine weite geografische Verbreitung der Gruppe während der Kreidezeit hin.

Zudem waren Höllenameisen sehr flexibel, was die klimatischen Ausgangsvoraussetzungen angeht. Der Nordosten Brasilien war den Paläontologen zufolge einst ein halbtrockenes Gebiet, während in Frankreich und Südkanada zur dichte, tropische Wälder wuchsen. „Dementsprechend wiesen Höllenameisen ein breites ökologisches Spektrum auf und kamen in bemerkenswert unterschiedlichen Umgebungen rund um den Globus vor“, schreiben die Wissenschaftler.

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Erstellt:
25. April 2025, 18:00 Uhr

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