Wärmeversorgung wird teurer

Die Stadtwerke Murrhardt haben nach dem Aufbau ihrer Heizwerke erstmals eine Wärme-Tarifkalkulation in Angriff genommen. Da sie nicht weiter einen jährlichen Verlust von über 100000 Euro tragen können, werden die Tarife zu Beginn 2021 erhöht.

Das Heizwerk der Stadtwerke in der Fritz-Schweizer-Straße versorgt viele Abnehmer in der Innenstadt. Foto: J. Fiedler

Das Heizwerk der Stadtwerke in der Fritz-Schweizer-Straße versorgt viele Abnehmer in der Innenstadt. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Die künftige Tarifanpassung bezeichnete Stadtwerkegeschäftsführer Rainer Braulik als unumgänglich. Im Durchschnitt handle es sich um eine Erhöhung von 14 bis 15 Prozent, wobei auch die neue CO2-Steuer eine Rolle spielt, die zu Beginn 2021 greift. Die jetzigen Berechnungen legen einen vorläufigen Planungszeitraum von zwei Jahren zugrunde. Je mehr Anschlussnehmer die Stadtwerke hinzugewinnen können, desto besser für die Wirtschaftlichkeit, erläuterte Braulik dazu im Gemeinderat.

Die Geschichte der Nahwärme in Murrhardt reicht bis in die 1990er-Jahre zurück. Nach den ersten Standorten des Heizwerks Brunnen II in Fornsbach und an der Walterichschule kamen weitere in der Weststadt, am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium und in der Fritz-Schweizer-Straße hinzu. Obwohl vor rund zehn Jahren ein einheitliches Tarifsystem aufgebaut wurde, wurde eine umfassende Wärme-Tarifkalkulation bisher noch nicht erstellt. Diese mussten die Stadtwerke nun angehen, weil die Betriebsergebnisse der Wärmenetzsparte in den vergangenen Jahren sich immer weiter verschlechtert haben und nun auch besagte CO2-Steuer eingeführt und jährlich schrittweise angehoben werden soll.

In den Unterlagen erläutern die Zuständigen die verschiedenen Schritte der Kalkulation und die Hintergründe der Planungen für die Wärmeversorgung, die vor allem auf Holzhackschnitzeln basiert. Unter anderem ging es darum, die Kosten nach Einzel- und Gemeinkosten, nach Fix- und variablen Kosten sowie verschiedenen Produktionsfaktoren zu differenzieren. Diese Komponenten wiederum fließen in den Arbeitspreis (Abrechnung nach jährlich verbrauchten Kilowattstunden, kWh) und Grundpreis (Abrechnung jährlich nach vertraglich bestellter Anschlussleistung in Kilowatt, kW) ein. Teil der Kalkulation ist nun auch eine Gewinnerwartung. Nach Vorschlag der Verwaltung sind dies fünf Prozent der Gesamterlöse, was einem Betrag von jährlich ungefähr 48000 Euro entspricht. „Für eine nach wie vor im Aufbau befindliche, junge Sparte waren sich der Werksausschuss und die Verwaltung bislang darin einig, dass einige Jahre auf einen Gewinn komplett verzichtet und auch mit geringen Verlusten gefahren werden kann. Langfristig muss jedoch zwingend ein Gewinn in dieser Höhe in die Tarifpreise mit einkalkuliert werden“, wird in den Unterlagen für den Beschluss erläutert. Mit eingeflossen sind außerdem die umgesetzten und vorgesehenen Anschlüsse der Jahre 2020 bis 2022 inklusive der geplanten Investitionskosten, Landeszuschüsse und Baukostenzuschüsse der Anschlussnehmer.

Ändern wollen die Stadtwerke das Verhältnis von Grund- und Arbeitspreis, künftig sollen mehr Umsätze über den Grundpreis generiert werden. In den kommenden zwei Jahren soll zwar mit Blick auf die bisherigen und künftigen Kunden weiter auf eine Kostendeckung der Wärmesparte verzichtet werden, aber mit dem Zusatzaufwand der neuen CO2-Steuer der Wärmetarif um rund 15 Prozent nach oben angepasst werden.

Im Vergleich zu Eigentümern von Öl- und Gaseinzelheizungen, die genauso von der künftigen CO2-Steuer betroffen sein werden, schätzt die Verwaltung die Kostensteigerungen für die Wärmekunden als erträglich ein. Die Stadtwerke halten ihr Angebot dennoch hoch – vor dem Hintergrund der langfristigen Mischkalkulation, der Erhöhung des Anschlussgrads (weitere Kunden) und dem Vorteil des Brennstoffs Holzhackschnitzel, insbesondere mit Blick auf die CO2-Steuer.

Jubel gab es bei den Beratungen im Gemeinderat aus den Reihen der Fraktionssprecher zwar nicht, unüberhörbar war gleichzeitig die Einschätzung, um eine generelle Wirtschaftlichkeit nicht herumzukommen. „Eigentlich möchte ich dem ungern zustimmen“, sagte Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen). Die Preiserhöhung diene nicht gerade dazu, ein Heizen mit Holzhackschnitzeln attraktiv zu machen. Das Problem sei allerdings, dass man anderenfalls im Schnitt zuzahle. Dass Kunden künftig 15 Prozent mehr berappen müssten, sei leider nicht gerade ein Lockmittel. Trotzdem müsse man unbedingt für diese Art der Nahwärmeproduktion werben. Zumindest sei ein nicht unwichtiger Aspekt, dass auch das Heizen mit Gas und Öl teurer werde. Langfristig sei eine Nahwärme vor dem Hintergrund einer stärkeren CO2-Neutralität inklusive Kosten doch auch eine, die aus diesen Gründen an Attraktivität zunehme. Für Edgar Schäf (SPD) führt kein Weg an einer Preiserhöhung vorbei. Wenn man bedenke, wie viele Investitionen die Stadt in der Wärmesparte getätigt habe, sei dies nur ein kleiner Ausgleich. Die Anpassung sei einfach notwendig. Langfristig hoffe er, dass noch mehr Kunden Nahwärme abnehmen werden.

Ähnlich fiel auch Andreas Winkles (CDU/FWV) Einschätzung aus. Zwar sei die Nahwärmetechnik bisher noch vergleichsweise teuer, doch auch die fossilen Brennstoffe stiegen nun in den Kosten. Jetzt ginge es darum, die Kosten für die Stadtwerke zu decken. Längerfristig müsse man die Entwicklung beobachten. Der Gemeinderat stimmte der Erhöhung im Anschluss zu.

Neue Tarife

Der Jahresgrundpreis für die ersten zehn Kilowatt (kW) Wärmebedarf beträgt 535,50 Euro brutto.

Der Grundpreis über zehn Kilowatt beläuft sich für jedes weitere Kilowatt Wärmebedarf auf 35,70 Euro brutto.

Der Arbeitspreis pro Kilowattstunden (kWh) beträgt 7,74 Cent.

Diese Preise gelten ab dem 1. Januar 2021 für die Versorgung der Kunden über die Heizwerke Brunnen II, Fritz-Schweizer-Straße/Innenstadt, Gymnasium/Trauzenbachhalle sowie Weststadt.

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Erstellt:
29. Dezember 2020, 06:00 Uhr

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