Wenn Onkel und Neffen auf Korbjagd gehen

Familienbande im Sport (3) Bei den Backnanger Landesliga-Basketballern kommt es schon mal vor, dass mehr als die Hälfte der Spieler auf dem Feld denselben Nachnamen hat. Denn seit zwei Jahren sind Stanislav, Andrija und Mateo Vidacak zusammen für die TSG am Ball.

Haben seit dem Sommer 2022 großen Spaß daran, gemeinsam in einer Mannschaft Basketball spielen zu können (von links): Andrija, Stanislav und Mateo Vidacak. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Haben seit dem Sommer 2022 großen Spaß daran, gemeinsam in einer Mannschaft Basketball spielen zu können (von links): Andrija, Stanislav und Mateo Vidacak. Foto: Alexander Becher

Von Uwe Flegel

„Es war ein schöner Moment“, erinnert sich Stanislav Vidacak und wirkt dabei fast ein bisschen sentimental. Das ist verständlich. Schließlich war es nicht mal drei Wochen vor seinem 42. Geburtstag, als er das erste Mal in seinem Leben mit seinen Neffen Andrija (25 Jahre) und Mateo Vidacak (22) in einem Pflichtspiel zusammen auf dem Basketballfeld stand. Drei der fünf Backnanger, die auf dem Spielfeld der Schmidener Halle im TSG-Trikot auf Korbjagd gingen, trugen denselben Nachnamen. Eine Seltenheit, die es davor nicht und danach nur noch selten gab. Denn während Flügelspieler Andrija sehr flexibel einsetzbar ist, bekleiden Mateo und sein Onkel als Power Forward oder gar Center dieselben Positionen. Hinzu kamen immer wieder Krankheiten, Verletzungen und berufliche sowie familiäre Verpflichtungen. „Es lag an den anderen“, erzählt Mateo grinsend und fügt an: „Ich habe in den 22 Saisonspielen nur einmal gefehlt.“

Allerdings schien es eigentlich ausgeschlossen, dass das Trio irgendwann mal gemeinsam in einem Team spielt. Denn Stanislav Vidacak hatte bereits zehn Jahre Pause hinter sich, als er im Sommer 2022 sein Comeback startete. Die TSG war gerade aus der Bezirksliga aufgestiegen. Zuvor hatte Andrija schon seinen jüngeren Bruder Mateo vom VfL Waiblingen ins Murrtal gelockt. Nun stieg auch sein Onkel mit 40 Jahren wieder ein. „Gejuckt hat es immer, aber der Beruf und die Familie beanspruchen einen“, bekennt der Vater einer kleinen Tochter und eines achtjährigen Sohnes.

An der Seite zweier Neffen in einem Team zu spielen, war für den Ex-Regionalliga-Spieler so reizvoll, dass er sich den sogenannten Backnanger Cool Blues anschloss. „Die erste Saison war eine Katastrophe“, sagt er lachend und erklärt: „Der Kopf wusste noch alles, aber der Körper...“ Doch er biss sich durch und sagt zur zweiten Runde bei der TSG: „Die war ganz gut.“ Einem dritten gemeinsamen Jahr steht also nichts mehr im Weg, oder? „Wenn nichts dazwischenkommt, dann bleiben wir dabei“, sagt Andrija stellvertretend für die beiden Brüder. „Ich muss mal schauen, ob meine Knie weiter mitmachen“, erklärt Stanislav und sagt: „Bei mir hängt es von vielen Faktoren ab.“ Auch von der Familie.

Wobei Ehefrau Bianca Steidle-Vidacak vermutlich kein Veto einlegt. Schließlich ist die Lehrerin als frühere Jugendnational- und Zweitliga-Spielerin selbst mit dem Basketballvirus infiziert. Sie war es auch, die „uns immer wieder gesagt hat, wir sollen mit Basketball anfangen, wir hätten das Talent dazu“, erzählt Mateo Vidacak. Wie Bruder und Onkel war er zunächst Fußballer. Als Jugendspieler war er unter anderem für die SG Sonnenhof Großaspach am Ball.

Irgendwann siegte dann die Lust auf die Korb- über den Spaß an der Torejagd. Er meldete sich beim VfL Waiblingen an, bei dem auch Andrija und viele Jahre zuvor Stanislav mit dem Basketball begonnen hatten. Überhaupt, so der ältere der beiden Brüder, sei es in beiden Generationen nur eine Frage der Zeit gewesen. Sport steht bei der gesamten Großfamilie hoch im Kurs. „Wir sind im Prinzip immer in irgendeiner Halle gewesen“, berichtet Andrija und sagt: „Unser Vater hat schon Basketball gespielt, Stanislav hat es und auch Bianca.“ Da ist der Weg vom Zuschauer zum Spieler für einen Jugendlichen nicht arg weit.

Auf dem Feld ist der ältere Onkel ein normales Teammitglied

Nun genießen es die drei, in einer Mannschaft zu stehen. Und vielleicht manchmal auch dem Onkel ordentlich den Marsch zu blasen, falls der einen Fehler macht – oder geht das nicht? „Der Respekt ihm gegenüber ist schon da, aber er ist nicht grenzenlos“, antwortet Mateo. Dabei schmunzelt er verschmitzt, sagt aber nicht mehr. Sein Bruder schweigt zunächst, fügt dann aber an: „Stani hat so viel Erfahrung, dass er schon selbst weiß, wenn er was falsch macht. Dafür braucht er uns nicht.“

Der älteste des Trios sitzt daneben und hört sich ruhig an, was die beiden Jungspunde von sich geben. Offensichtlich kann er gut damit leben, sagt er doch: „Ich finde es unheimlich toll, dass wir zu dritt in einem Team sind. Selbst in der Familie stärkt so etwas das Zwischenmenschliche.“ In der Tat wirkt er eher wie ein älterer Bruder der zwei anderen. Gäbe es da nicht die schmerzenden Knie und das eine oder andere Zwicken und Zwacken im Körper, dann wäre der 42-Jährige wohl felsenfest auch nächste Saison an Bord. So aber muss er noch überlegen, obwohl er gesteht: „Mir gefällt es sehr, sehr gut, dass Spiele von uns manchmal richtige Familienevents werden.“

Überhaupt sind sich die Vidacaks nah, wohnen sie doch alle in Winnenden und sehen sich nicht nur in der Halle regelmäßig. Beruflich schlagen die jungen Vidacaks jedoch einen anderen Weg ein. Während der Onkel bei Mercedes als Anlagenplaner tätig ist, studieren beide auf Lehramt. Mateo hat den Bachelor, Andrija den Master in der Tasche. Auf ihn, der bei der TSG zusätzlich die Männer II in der Kreisliga trainiert, wartet nun das Referendariat. Wenn er das erste Mal als Lehrer vor der Klasse steht, ist es bestimmt ein schöner Moment, obwohl Onkel und Bruder nicht dabei sind. Die weiß er nur auf dem Basketballfeld an seiner Seite.

In dieser Serie stellen wir Familien vor, deren Name für eine Sportart steht oder in deren Leben sich sehr viel, manchmal sogar fast alles um den Sport dreht.

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Erstellt:
4. Mai 2024, 06:00 Uhr

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