Versunkene Tempelstadt
Wie sah Ägyptens Königin Kleopatra wirklich aus?
Archäologen haben bei Tauchgängen in der versunkenen ägyptischen Tempelstadt Taposiris Magna spannende Funde gemacht. Unter ihnen ist die Marmorbüste einer ägyptischen Königin, bei der es sich um Kleopatra handeln könnte. Taposiris gilt als ein möglicher Ort für das noch immer verschollene Grab der letzten Ptolemäer-Herrscherin.
Von Markus Brauer
Kleopatra VII. war die letzte Königin der ptolemäischen Dynastie Ägyptens und eine der berühmtesten Gestalten der Antike. Doch wo sie nach ihrem dramatischen Tod im Jahr 30 v. Chr. bestattet wurde, ist bis heute rätselhaft. Bisher wurden weder ihr Grab noch das ihres römischen Geliebten Antonius gefunden.
Einige Archäologen vermuten diese Gräber jedoch in der Tempelstadt Taposiris Magna, einem den ägyptischen Göttern Osiris und Isis gewidmeten Heiligtum rund 40 Kilometer westlich von Alexandria.
Der Name Kleopatras steht in der antiken Überlieferung sowohl für Schönheit und Intelligenz als auch für Luxus, Verschwendungssucht und berechnende Liebesabenteuer. Nach ihrem Tod und dem Abstieg der einstigen Weltmacht Ägypten zur römischen Kolonie setzte auch der Untergang Alexandrias ein.
Im Jahr 335 n. Chr. versanken die königlichen Paläste und Tempel der einstmals zweitgrößten Stadt der Welt nach einem starken Erdbeben und der folgenden Flutwelle im Wasser des Mittelmeeres.
Ptolemäer-Paläste versanken in den Fluten
Aus historischen Überlieferungen ist bekannt, dass Taposiris Magna für die Ptolemäer-Könige und auch für Kleopatra eine wichtige Rolle spielte. Doch wie die benachbarte Küstenmetropole Thonis-Herakleion versanken die Tempel dieses Ortes noch in der Antike in den Fluten des Mittelmeeres.
Seit 2002 führen jedoch Unterwasserarchäologen um Kathleen Martinez von der Nationaluniversität Kolumbiens dort Ausgrabungen durch. Sie haben in Taposiris Magna bereits mehr als tausend Artefakte sowie Mumien mit Zungen aus Goldblech aus der Zeit der Ptolemäer entdeckt.
Büsten einer Königin und eines Königs
Jetzt gibt es neue Funde aus Taposiris Magna, wie das ägyptische Antikenministerium berichtet. Potenziell bedeutsam seien dabei vor allem zwei Objekte: Das hervorstechendste ist die kleine Marmorbüste einer Frau, die ein königliches Diadem trägt.
Nach Ansicht von Martinez könnte es sich hierbei um ein Porträt der Königin Kleopatra handeln. Allerdings: Wäre dies der Fall, könnte die berühmte letzte Königin der Ägypter anders ausgesehen haben als den bisherigen Darstellung nach angenommen.
Ob diese Marmorbüste wirklich Kleopatra zeigt, ist noch strittig, wie Mohamed Ismail Khaled von der ägyptischen Antikenbehörde betont. Demnach sei es auch denkbar, dass diese Büste eine andere Königin oder Prinzessin aus dem antiken Ägypten darstelle.
Der zweite herausstechende Fund ist die Büste eines Mannes mit dem Nemes-Kopftuch der Pharaonen. Auch bei ihm muss es demnach um einen König handeln. Wen diese Büste jedoch darstellt, ist vorerst noch ungeklärt.
Goldmünzen, Amulette und 20 Katakombengräber
Die Archäologen stießen in der versunkenen Tempelstadt noch auf zahlreiche weitere Funde aus der Zeit Kleopatras. Darunter sind 337 Münzen mit ihrem Konterfei, ein Goldring mit dem Symbol der Göttin Hathor, ein Skarabäus-Amulett mit der Inschrift: „Das Recht des Ra ist erstanden“ sowie zahlreiche zeremonielle Gefäße und Öllampen. Dies unterstreiche die einstige Bedeutung des antiken Heiligtums von Taposiri Magna, sagt Khaled.
Die Unterwasserarchäologen haben in Taposiris Magna zudem eine Nekropole mit mindestens 20 Katakomben entdeckt. Eines der Gräber lag direkt unter dem antiken Leuchtturm der Tempelstadt und besteht aus drei Grabkammern.
In einer dieser Kammern hat das Team bereits neun Marmorbüsten und weitere Artefakte gefunden, die Ausgrabungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Kathleen Martinez und ihre Kollegen hoffen, in naher Zukunft vielleicht sogar das lange gesuchte Grab der Kleopatra in dieser Nekropole zu finden.
Tunnel zum Grab von Kleopatra?
Im November 2022 hatten Kathleen Martínez und ihr Forscherteam einen Tunnel, der 13 Meter unter der Erde liegt, freigelegt. Der Tunnel ist zwei Meter hoch und wurde über eine Strecke von 1305 Metern durch den Sandstein gehauen.
Der Zweck des Tunnels ist bisher unbekannt, obwohl er mit dem Tunnel von Eupalinos, einem Aquädukt aus dem 6. Jahrhundert, bemerkenswerte Ähnlichkeiten aufweist. Ob der entdeckte Tunnel unter Taposiris Magna tatsächlich dabei helfen wird, die Grabkammer von Kleopatra zu entdecken, ist auch zwei Jahre nach seiner Entdeckung ungewiss.
Suche nach dem Grab der Königin
In dem Tempel von Taposiris Magna hatten Archäologen 2008 den Kopf einer Statue der ägyptischen Königin entdeckt. Die Statue von Kleopatra VII. (51-30 v. Chr.) war aus Alabaster angefertigt worden.
Die Forscher fanden dort außerdem eine Maske von Marcus Antonius und 22 Münzen mit einem Abbild Kleopatras. Bislang ist weder bekannt, wo Kleopatra begraben wurde, noch, ob sie gemeinsam mit Antonius beigesetzt wurde.
Der französische Meeresarchäologe Franck Goddio hatte 1996 im Hafenbecken der ägyptischen Stadt Alexandria die Überreste des rund 2000 Jahre alten Palastes von Taposiris Magna gefunden. Rund sieben Meter unter der Wasseroberfläche stieß er auf Obelisken, Säulen, Statuen, tonnenschwere Granitblöcke sowie Amphoren, Sphinxen, Pflasterungen und Dämme.
Sensationelle Funde
Das Puzzle ergab dann die Sensation: Anhand der überlieferten Texte und Beschreibungen blieb kein Zweifel, dass Goddio außer dem Kleopatra-Palast auch das Timonium, Palast und Heiligtum von Kleopatras Gatten Markus Antonius, den königlichen Galeerenhafen sowie den Tempel von Poseidon wiederentdeckt hatte.
Die damaligen Funde bestätigen Berichte, wonach die 331 v. Chr. von Alexander dem Großen gegründete Stadt während ihrer Blütezeit im ersten vorchristlichen Jahrhundert mit ihrer Pracht selbst Rom als damaliges Zentrum der Macht in den Schatten stellte. Als die Römer noch überwiegend Ziegelbauten errichteten, prägten bereits die Luxus- Materialien Marmor, Basalt, roter Granit, Kalkstein sowie Säulengänge und 30 Meter breite Alleen das Stadtbild der früheren ägyptischen Hauptstadt (mit dpa-Agenturmaterial).
Info: Ägyptens letzte Königin
Biografie Kleopatra war die letzte Königin Ägyptens. In ihrer 21-jährigen Herrscherzeit von 51 bis 30 v. Chr. prägte sie das Land entscheidend. Als sie 17 Jahre alt war, machte sie ihr Vater, Pharao Ptolemaios XII., zu seiner Mitregentin und legte ihren Herrschaftsanspruch über Ägypten fest. Nach Machtkämpfen, die sie schließlich für sich entschied, lernte sie 48 v. Chr. Julius Caesar in Alexandria kennen. Aus dieser Beziehung ging der Sohn Caesarions hervor. Nach Caesars Ermordung im Jahre 44 v. Chr. kehrte Kleopatra nach zwei Jahren in Rom nach Ägypten zurück und wurde de facto zur Alleinregentin. Sie traf auf Marc Anton. Die beiden bekamen drei Kinder. Kleopatra beherrschte fast den gesamten Vorderen Orient. Nach der Niederlage gegen seinen Rivalen Octavio nahm sich Marcus Antonius im Jahr 30 v. Chr. das Leben, elf Tage später beging auch Kleopatra Suizid.