Asma al-Assad

Dämonisch schön neben dem Diktator – „Wir ließen uns von ihr verführen“

Lange Zeit galt Baschar al-Assad im Westen als Reformer. Willkommen war er in Paris, London oder Berlin auch dank seiner eleganten und weltgewandten Frau Asma. Es war die perfekte Täuschung.

2008 waren Asma und Baschar al-Assad zum französischen Nationalfeiertag in Paris zu Gast.

© IMAGO/ABACAPRESS/IMAGO/Mousse/ABACA

2008 waren Asma und Baschar al-Assad zum französischen Nationalfeiertag in Paris zu Gast.

Von Theresa Schäfer

In ihrer alten Heimat ist Asma al-Assad nicht willkommen. Das stellte David Lammy, Großbritanniens Außenminister, am Montag im Parlament in London klar. Der Labour-Politiker nannte Syriens gestürzten Machthaber Baschar al-Assad „ein Monster“ und „einen Schlächter“. Seine Frau Asma sei „nicht willkommen im Vereinigten Königreich“. Die Starmer-Regierung prüft offenbar, der 49-Jährigen ihre britische Staatsbürgerschaft zu entziehen.

Asma al-Assad ist in Großbritannien geboren. Nachdem die Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und ihre Verbündeten in nur wenigen Tagen die syrische Armee besiegten, Damaskus praktisch ohne Gegenwehr einnahmen und damit die mehr als 50-jährige brutale Herrschaft des Assad-Clans in Syrien beendeten, befinden sich Baschar, Asma und ihre Kinder jetzt in Russland. Wladimir Putin hat ihnen aus humanitären Gründen Asyl gewährt. Das Land feiert indes seine Befreiung: Assad hat ein Regime des Terrors etabliert – grauenvolle Verbrechen werden ihm vorgeworfen, darunter den Einsatz von Chemiewaffen und Fassbomben gegen sein eigenes Volk sowie Mord und staatlich angeordnete Folter.

Baschar al-Assad trat an die Stelle seines verunglückten Bruders

Dabei galt Baschar al-Assad einst als Hoffnungsträger, als Reformer. Der heute 59-Jährige hatte die Macht im Land im Jahr 2000 übernommen, als sein Vater Hafis al-Assad starb. Hafis, ein ausgebildeter Kampfpilot, der der religiösen Minderheit der Alawiten angehörte, hatte sich 1970 an die Macht geputscht. Eigentlich war Baschars älterer Bruder Bassel als politischer Erbe des „Löwen von Damaskus“ vorgesehen, doch der verunglückte in den 1990er Jahren tödlich bei einem Motorradunfall. Baschar, der eigentlich Augenarzt werden wollte, trat an seine Stelle. „Alle waren optimistisch, als der große Diktator starb“, sagt der syrische Anwalt und Menschenrechtler Anwar al-Bunni, der damals in seiner Heimat Oppositionelle verteidigte. „Baschar hätte das ganze System an einem Tag ändern können, er hatte all die Macht dazu.“

Der schlanke, groß gewachsene 34-Jährige präsentierte sich als Pragmatiker, der versprach, Syrien in die Moderne zu führen. Damit wurde er auch im Westen zum gefragten Gesprächs- und Geschäftspartner. Einen gewaltigen Anteil am Reiz des „neuen Assads“ hatte seine schöne, schicke und weltgewandte Frau: Asma. Die Tochter eines angesehen syrischen Kardiologen wurde in London geboren, besuchte eine englische Mädchenschule, hatte einen Abschluss vom renommierten King’s College. Als Finanzanalystin arbeitete sie in der britischen Hauptstadt bei der Deutschen Bank, kurz nach Baschars Machtantritt heirateten sie, sie bekamen drei Kinder.

„Lady Di, da war was dran an diesem Vergleich. Und wir Diplomaten, wir ließen uns verführen“, sagte Frank Hesske in der WDR-Dokumentation „Asma al-Assad – das schöne Gesicht der Diktatur“ aus dem Jahr 2017. Hesske war in den Nullerjahren EU-Botschafter in Syrien. Asma, mit ihrem Upper-Class-Britisch und ihren Designerkleidern, verlieh dem Regime Glamour und Weltoffenheit.

Asma und Baschar al-Assad waren überall willkommen

Das schicke Herrscherpaar aus Syrien war überall willkommen – in der Downing Street No. 10 genauso wie im Elyséepalast oder im Bundeskanzleramt. Das spanische Königspaar adelte Damaskus 2003 mit einem Besuch und die britische Queen bat zum Tee im Buckingham Palace.

Es war die perfekte Täuschung – an die der Westen nur zugern glauben wollte. Doch Baschar al-Assad war nicht bereit, seine Macht zu teilen. Der „Damaszener Frühling“ war schnell vorbei, der junge Assad führte das Land bald ebenso autoritär wie einst sein Vater. Der Assad-Clan und seine Günstlinge bereicherten sich, während viele Syrer in bitterer Armut lebten. Kritiker verschwanden in den berüchtigten Foltergefängnissen. Als der „Arabische Frühling“ drohte, Assad so wie die Machthaber in vielen Nachbarstaaten hinwegzufegen, ließ er die Proteste brutal niederschlagen. 2011 brach ein Bürgerkrieg aus, der mehr als eine halbe Million Menschen tötete und die Hälfte der Bevölkerung zur Flucht zwang. Der Iran, die Hisbollah-Miliz im Libanon und nicht zuletzt Russland hielten Assad an der Macht. Dem Ausland präsentierte sich der syrische Machthaber als einzig mögliches Bollwerk gegen den islamistischen Terrorismus und ein Wiedererstarken des IS.

Jetzt hat die HTS innerhalb kürzester Zeit die Assads vertrieben. Auch weil offenbar in der Armee nur noch wenige bereit waren, für den Diktator zu kämpfen. Syrer drangen in die Paläste des Clans ein, montierten Kronleuchter von den Decken und schleppten die Möbel aus den prachtvollen riesigen Prunkdomizilen der Herrscherfamilie. Syrien steht jetzt vor einer ungewissen Zukunft.

Flucht nach Russland: Wie geht es für Asma al-Assad weiter?

Und die Assads? Russland gewährt immer wieder gestürzten Präsidenten und Machthabern Zuflucht. Sie dürften dort ein komfortables Leben führen können. In diesem Frühjahr hatte das Präsidialamt in Syrien mitgeteilt, dass Asma al-Assad an Leukämie erkrankt sei. Fünf Jahre zuvor hatte sie eine Brustkrebs-Diagnose erhalten. Beobachter stellten sich immer wieder die Frage, warum Asma die immer repressivere Politik ihres Mannes über all die Jahre mittrug. Die USA verhängten inzwischen Sanktionen gegen Asmas Vater, Fawaz al-Akhras.

Am Wochenende kursierte im Netz ein Foto, das Asma und Baschar al-Assad in Moskau zeigen sollte. Es war nicht aktuell – und auch nicht aus Moskau.

Mit Material von AFP und dpa.

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Erstellt:
11. Dezember 2024, 14:04 Uhr
Aktualisiert:
13. Dezember 2024, 09:46 Uhr

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