„Wir sind ein eingeschworener Haufen“

Das Interview: HCOB-Trainer Matthias Heineke sieht in der Geschlossenheit seiner Mannschaft und in deren Teamgeist wichtige Gründe, weshalb es für den Handball-Drittligisten aus dem Murrtal in der Aufstiegsrunde zur zweiten Liga bislang so gut läuft.

Matthias Heineke findet offensichtlich die perfekten Worte. Der HCOB-Coach hat nicht nur die Prüfung zur Trainer-A-Lizenz bewältigt. Mit seinem Team hat der 39-Jährige fast zeitgleich im Aufstiegskampf zur zweiten Liga auch noch souverän die Zwischenrunde erreicht. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Matthias Heineke findet offensichtlich die perfekten Worte. Der HCOB-Coach hat nicht nur die Prüfung zur Trainer-A-Lizenz bewältigt. Mit seinem Team hat der 39-Jährige fast zeitgleich im Aufstiegskampf zur zweiten Liga auch noch souverän die Zwischenrunde erreicht. Foto: A. Becher

Von Alexander Hornauer

Matthias Heineke hat als Handballer in den vergangenen beiden Wochen zwei Erfolge gefeiert. Erst bestand er beim DHB-Trainerlehrgang in Frankfurt seine Prüfungen und ist nun einer von 15 neuen Coaches mit der A-Lizenz – der höchsten im deutschen Handball. Dann setzte er mit seinem Team vom HC Oppenweiler/Backnang im Aufstiegskampf zur Zweiten Bundesliga als Sieger der Vorrundengruppe B ein Ausrufezeichen.

Herr Heineke, über welchen dieser beiden Erfolge haben Sie sich mehr gefreut?

Bei der A-Lizenz war es vor allem viel Erleichterung. Ich hatte das Thema rund zwölf Monate im Hinterkopf. Das war schon eine gewaltige Aufgabe, die ich mit mir herumgetragen habe. Die Freude über das, was wir als Mannschaft erreicht haben, war deshalb größer. Sie war vor allem emotionaler, weil sie der Lohn für das ist, was wir gemeinsam auf die Beine gestellt haben.

Der Einzug in die Zwischenrunde war das Ziel. Hätten Sie sich vorstellen können, dass der Gruppensieg herausspringt?

Nein. Da muss man ehrlich sein. Das Ziel, in die Zwischenrunde zu gelangen, war bereits ambitioniert. Man musste allein dafür von sechs starken Gegnern drei hinter sich lassen. Dass wir dann mit diesen beiden starken Auftritten gegen Dansenberg und die HSG Krefeld Niederrhein den Gruppensieg erreichen, war nicht zu erwarten – aber nach diesen Leistungen verdient.

Was waren bislang die Erfolgsfaktoren?

Unser größter Erfolgsfaktor ist, so ein eingeschworener Haufen zu sein. Es zeichnet uns aus, dass wir in allen Spielen von der ersten bis zur letzten Minute alles reingeworfen haben, was wir zur Verfügung haben. Unsere Leistungsträger haben ihre Leistung gebracht und sind mit Vorbildfunktion vorangegangen. Und unsere jüngeren Spieler überraschten positiv. Das spricht für ein funktionierendes Gebilde.

War es ein Vorteil, schnell und frühzeitig Maßnahmen getroffen zu haben, um das Training wieder aufnehmen zu können?

Es macht sich bemerkbar, dass wir nur über Weihnachten eine Pause eingelegt haben. Die Verantwortlichen in Verein und Kommune haben uns die Möglichkeit gegeben, durchgängig zu trainieren. Wir konnten auch das eine oder andere Mal länger trainieren. Und wir hatten Zeit, uns komplett um die Entwicklung der einzelnen Spieler und um die Spielweise der Mannschaft zu kümmern. Das ist sicher ein Grund dafür, warum wir jetzt so konstant auftreten.

Die Teilnahme an der Aufstiegsrunde dient auch dem Ziel des Lernens. Was waren die bislang größten Lerneffekte?

Erster Sinn und Zweck war sicher die Rückkehr in den Wettkampf – aber eben auch verbunden mit der Möglichkeit, sich mit den Besten zu messen, denn da lernt man am meisten. Der für mich größte Lerneffekt besteht darin, dass sich zeigt, dass keine Mannschaft über 60 Minuten konstant spielt, auch wir nicht. Aber wir haben es in solchen Momenten sehr oft geschafft, ruhig zu bleiben und zu unserem Spiel zurückzufinden.

Nun sind es nur noch zwei Runden bis zum Aufstieg. Wie stufen Sie die Chancen ein?

Man hat öfter gehört, dass das sportliche Niveau der Mannschaften in der Nordgruppe höher als im Süden sein soll. Insofern gehe ich davon aus, dass wir in keinem der Spiele der Favorit sind. In die Zwischenrunde gehen wir aber mit Rückenwind und im Wissen, konstant gute Leistungen gezeigt zu haben. Und die wollen wir auch in den nächsten Wochen aufs Feld bringen.

Aktuell können Fans nur online zusehen. Findet trotzdem Interaktion mit ihnen statt?

Auf jeden Fall. Bei den Heimspielen sind einige Ordner und Helfer da, die eine Rückmeldung geben. Andere Fans schreiben mir oder den Spielern. Sie denken auch bei den Auswärtsspielen an uns, bei den Busfahrten versorgen sie uns mit Vesper. Das ist alles eine sehr große Unterstützung und gibt uns als Mannschaft ein gutes Gefühl.

Warum haben Sie sich dafür entschieden, sich für den Lehrgang zur A-Lizenz zu bewerben?

Vor eineinhalb Jahren hat es sich nach der Geburt unseres zweiten Kindes so ergeben, dass mir durch Elternzeit und Urlaub ein Freiraum zur Verfügung stehen würde, den man sonst nicht hat. Da war mir klar, dass es – wenn es etwas mit der A-Lizenz werden soll – genau in diesem Jahr möglich sein wird. Deshalb bin ich die Geschichte angegangen.

Wie läuft der Lehrgang in Coronazeiten ab?

Normalerweise sind es 25 Lehrgangstage in Präsenz, dieses Mal waren es nur 16, der Rest lief in digitalen Veranstaltungen. Es gibt sicher auch Themen, die sich digital vermitteln lassen. Allerdings ist bei vielen Themen die Interaktion zwischen den Teilnehmern sehr wichtig, und darum muss man dem DHB ein großes Kompliment aussprechen, dass er trotzdem viel Präsenz möglich gemacht hat. Das ist derzeit nämlich nur mit unglaublich viel Aufwand verbunden, den man oft nicht auf Anhieb sieht.

Wie haben Sie die Vierfachinanspruchnahme aus Beruf, Familie, Traineramt und A-Lizenz-Lehrgang bewältigt?

Mein Arbeitgeber hat mich viel unterstützt – vor allem, weil viele Lehrgänge wegen Corona eher kurzfristig an- und abgesetzt wurden. Die Familie stand an meiner Seite und hat es auch akzeptiert, wenn ich in Lernzeiten nicht immer ganz so viel Zeit für die Kinder hatte. Und beim HCOB haben mich mein Co-Trainer, die sportliche Leitung und auch die verletzten Spieler super vertreten. Ein Beispiel ist die Woche vor dem Dansenberg-Spiel, als ich nicht da war, die Mannschaft aber trotzdem perfekt vorbereitet war. Das hat mich beeindruckt.

Sind im HCOB-Spiel bereits Impulse erkennbar, die Sie beim Lehrgang gewonnen haben?

Veränderungen gibt es eher in der Spielvorbereitung und in der Videoanalyse. Da habe ich für mich den Reset-Knopf gedrückt und bin komplett neu durchgestartet. Früher habe ich mir einen Gegner nach dem anderen angesehen und ihn vor jedem Spiel analysiert. Das läuft jetzt viel kategorisierter. Für den einen oder anderen mag das nicht neu sein, für mich ist es ein Quantensprung.

Sie haben nun die Lizenz für die Bundesliga. Ist die – ganz gleich, wie die Aufstiegsrunde nun ausgeht – ein Ziel von Ihnen?

Es ist nicht das persönliche Ziel, dem ich alles andere unterordne. Aber wenn wir uns hier Jahr für Jahr verbessern, ist es ein Thema. Ich habe meinen Vertrag schließlich auch deshalb verlängert, weil der HCOB Ambitionen hat. Derzeit sammeln wir bereits viele Erfahrungen und in ein paar Wochen wissen wir, wo wir stehen. Wenn es dieses Jahr schon klappt, wäre zumindest am Thema mit der erforderlichen A-Lizenz ein Haken dran.

Matthias Heineke

Matthias Heineke wurde am 15. Februar 1982 in Leonberg geboren.

Mit dem Handball begann er in der Jugend der TSF Ditzingen. Zudem spielte er im Nachwuchsbereich beim TSV Hemmingen. Seine Aktivenzeit verbrachte er als Spielgestalter des TSV Schmiden, mit dem er in der Oberliga einige Male auch auf den TVO traf. Zu seinen Mitspielern in Schmiden zählten unter anderem die heutigen HCOB-Handballer Marcel Lenz und Evgeni Prasolov.

Erste Trainerstation Heinekes war sein Heimatverein TSF Ditzingen. Vom heutigen Verbandsligisten wechselte er im Sommer 2016 zum Drittligisten Oppenweiler/Backnang.

Beruflich arbeitet der HCOB-Coach als Sporttherapeut in Fellbach. Heineke ist verheiratet und Vater zweier Kinder.

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Erstellt:
19. Mai 2021, 06:00 Uhr

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