Zwischen Erleichterung und Unsicherheit

Eine Stippvisite bei einigen Einzelhändlern in der Innenstadt zeigt, dass sich die Verantwortlichen über die Öffnungsmöglichkeit freuen, gleichzeitig müssen sie äußerst flexibel sein, um bei Rahmenbedingungen, die sich ständig ändern können, mitzuhalten.

Sonne und ein Frühlingsgruß: Das Wetter lockt nach draußen. In der Murrhardter Fußgängerzone geht es noch ruhig zu, aber die Händler freuen sich, dass sie nun wieder öffnen können, was einige Kunden auch genutzt haben. Foto: C. Schick

Sonne und ein Frühlingsgruß: Das Wetter lockt nach draußen. In der Murrhardter Fußgängerzone geht es noch ruhig zu, aber die Händler freuen sich, dass sie nun wieder öffnen können, was einige Kunden auch genutzt haben. Foto: C. Schick

Von Christine Schick

MURRHARDT. Das sonnige Wetter am Montagmorgen lockt nach draußen und an diesem ist nun erstmals seit dem zweiten Lockdown auch wieder ein Einkauf in den Einzelhandelsgeschäften unter Berücksichtigung der Hygieneauflagen (Kundenanzahl/Maske) möglich, die bisher nicht in die engere Kategorie der Grundversorgung fielen. Der eine oder andere Kunde nutzt dieses Angebot, auch wenn die Fußgängerzone in Murrhardt nicht gerade überlaufen ist. Beim Geschäft „Mode am Markt“ schaut sich eine Kundin an den Kleiderständern vor dem Laden um, eine weitere ist nach drinnen gegangen. Der Chefin Martina Reißhauer ist die Freude und Erleichterung anzusehen. „Ich hoffe, dass es jetzt gut anläuft. Es ist wirklich schön, offen haben zu können“, sagt sie. Am Morgen hätten schon Einzelne vorbeigeschaut. „Wir haben auch echt treue Kunden, richtig treue Seelen sind das.“ Gleichsam müsse man nun beobachten, wie die Kunden insgesamt mit der Lage umgehen, manche seien ängstlich und vorsichtig, andere hätten auf die Möglichkeit gewartet, wieder in den Laden kommen zu können.

Die Vorbereitung musste schnell gehen – Frühlingsware präsentieren, Winterware reduziert auszeichnen. Aber auch während des Lockdowns war Martina Reißhauer nicht untätig, hat Bestellungen über Telefon oder übers Netz fertig gemacht, Kundenpäckchen zum Anprobieren geschnürt und bis nach Backnang ausgefahren sowie die sozialen Medien mit ausgewählten Kreationen bestückt. „Ich war um jedes Stück froh, das wir verkaufen konnten.“ Dass sie sich bis jetzt habe halten können, verdanke sie letztlich auch ihrem kulanten Vermieter, erzählt sie. Im Alltag hieße es jetzt, flexibel zu bleiben. Sollte die Inzidenz die 50er-Marke knacken (Montag lag sie tagsüber bei 47), greifen wieder neue Regeln und es wäre nur noch ein sogenanntes Termin-Shopping möglich. „Elke Kleinknecht von der Stadtverwaltung hat uns da Unterstützung zugesagt“, die beispielsweise über eine Zusatzfunktion für Mitglieder des Online-Marktplatzes möglich ist. Nicht ganz ohne sei ein Alltag, der kaum noch planbar ist, obwohl geplant werden muss – beispielsweise ein Herbsteinkauf, den sie schon erledigen musste. „Mit dieser Unsicherheit umzugehen, ist nicht leicht“, sagt sie und wolle trotz allem optimistisch bleiben.

In der Buchhandlung Franke hängt an der Glastür ein Schild „geöffnet“. Elke Maaß geht ans Telefon und bestätigt nochmals: „Jawohl, wir haben wieder auf!“ Sie hat schon ein vorbestelltes Buch an eine Kundin gebracht und berät jemand weiteres zu einer Frage. „Für Montag läuft es ganz gut“, sagt sie. Nach der langen Zwangspause freut sich die Mitarbeiterin, wieder im Laden zu stehen. Ihre Chefin Margit Gerold habe im Vorfeld gewirbelt und alles vorbereitet. Dann schaut Elke Kleinknecht vom Amt für Wirtschaft, Kultur und Tourismus vorbei, um sich zu erkundigen, ob Einzelhändler und Mitarbeiter Informationen brauchen. Ein paar hätten bereits besagtes Tool „Click and Meet“ zur Terminvergabe angefragt, erzählt sie, und setzt ihre Runde bei den Händlern fort.

Das Mitarbeiterinnenduo Andrea Jung und Helga Götz vom Modehaus Bachmann hat es genossen, bei der Ladenöffnung am Vormittag schon dem einen oder anderen bekannten Gesicht in der Fußgängerzone zu begegnen. Auch sie haben die Frühlingskollektionen hergerichtet und noch verbliebene Wintersachen heruntergesetzt. Für sie ist es jetzt wieder ein normaler Arbeitstag. Bisher waren sie trotzdem an die zwei bis drei Stunden im Geschäft, um telefonische oder Online-Bestellungen fertig zu machen. „Aber das ist schon etwas anderes und total wichtig, dass die Leute wieder in den Laden kommen können. Die meisten wollen die Sachen hier durchschauen und anprobieren“, sagt Andrea Jung. Eine Kundin, die durchs Geschäft schlendert, sagt: „Ich geh bewusst vor Ort einkaufen und nicht im Internet. So kann ich die Geschäfte hier unterstützen und meinen Teil dazu beitragen, sie zu erhalten.“ Christian Lätzig, der die Buchhandlung BücherABC in der Grabenstraße betreibt, beschreibt die Vorbereitungen für den Start am Montag als eine Art Blindflug. Sehr kurzfristig, erst am Sonntagnachmittag, sei die entsprechende Coronaverordnung verfügbar gewesen. Seinen Außenschalter an der Tür zur Buchhandlung habe er trotzdem schon abgebaut. Lätzig, der auch bisher im Geschäft war, damit die Kunden ihre Bestellungen an besagtem Schalter abholen konnten, hat zuvor die Zeit genutzt, um nun bei den Bestellungen für die weiteren Waren wieder etwas hochfahren zu können. Das habe beim Großhandel auch gut funktioniert. Eine Terminfunktion für die Kunden habe er sich zwar angeschaut und auch einen Kalender angelegt, aber er geht davon aus, dass die Buchhandlungen nach dem jüngsten Beschluss auch bei Inzidenzzahlen über 50 weiterhin geöffnet bleiben dürfen.

Die Parfümerie Lang gegenüber des Rathauses hatte bisher schon geöffnet, da sie auch Waren des täglichen Bedarfs anbietet. Ulrike Lang, stellvertretende Vorsitzende des Stadtmarketingvereins Murrhardt, freut es, dass der Einzelhandel nun wieder komplett einsteigen kann und hofft wie andere Kollegen, dass man auch gegenseitig etwas davon profitiert. Allerdings war ihr Eindruck, dass in den vergangenen Wochen insgesamt weniger Menschen zum Einkaufen unterwegs waren. Selbst an Freitagen, an denen viele den Wochenmarktbesuch mit weiteren Besorgungen verbinden, sei weniger los gewesen. „Ich höre auch von einigen, dass sie bewusst nur noch einmal die Woche einkaufen.“ Für sie gibt es in der Parfümerie ebenfalls eine Neuerung: Nach der aktuellen Coronaverordnung kann sie unter strengen Hygieneauflagen wieder Kosmetikbehandlungen anbieten. So ist unter anderem ein Testkonzept für Mitarbeitende erforderlich. Sie und ihre Kollegin müssen sich demnach um einen tagesaktuellen Schnelltest kümmern, aber auch die Kunden, da eine Behandlung mit Maske kaum möglich sei. Und deshalb will Ulrike Lang sich nun erst einmal genau erkundigen, inwieweit sie ihren Kunden entsprechende Tipps geben kann und soll, wo sie sich dann für einen Schnelltest hinwenden können. Gleichsam benötigt sie noch Informationen, wie dezidiert dieser Nachweis erfolgen muss und wie er zu verwalten ist. „Die Kunden warten schon drauf, sie würden gerne zur Behandlung kommen“, sagt sie.

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Erstellt:
9. März 2021, 06:00 Uhr

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