Bahn hält S-21-Partner weiter hin

Auch im Lenkungskreis der Stuttgart-21-Partner will sich die Deutsche Bahn nicht endgültig auf den vereinbarten Ausbau der digitalen Leit- und Sicherungstechnik im Knoten Stuttgart festlegen. Vor allem der neue Regionalpräsident Wieland wird daraufhin deutlich.

Angespannte Stimmung im Lenkungskreis Stuttgart 21: v.r.n.l. Bahninfrastrukturvorstand Berthold Huber, Verkehrsminister Winfried Hermann, OB Frank Nopper und Regionalpräsident Rainer Wieland sind nach einer kontroversen Diskussion vor die Medien getreten.

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Angespannte Stimmung im Lenkungskreis Stuttgart 21: v.r.n.l. Bahninfrastrukturvorstand Berthold Huber, Verkehrsminister Winfried Hermann, OB Frank Nopper und Regionalpräsident Rainer Wieland sind nach einer kontroversen Diskussion vor die Medien getreten.

Von Christian Milankovic

Stuttgart - Der Durchbruch lässt weiter auf sich warten: Die Deutsche Bahn hat auch in der jüngsten Sitzung des Stuttgart-21-Lenkungskreises eine endgültige Zusage verweigert, die digitale Leit- und Sicherungstechnik des Digitalen Knoten Stuttgart (DKS) im eigentlich vereinbarten Umfang zu realisieren. Die Diskussion im S-21-Spitzengremium über den dritten Baustein des DKS – die ersten beiden sind finanziert und in Bau – hinter verschlossenen Türen zogen sich länger hin als ursprünglich vorgesehen. In der stark verspätet beginnenden anschließenden Pressekonferenz traten die Differenzen offen zu Tage.

Bahninfrastrukturvorstand Berthold Huber sagte immerhin zu, die Ausschreibung für die Aufträge dem Aufsichtsrat vorzuschlagen. Im kommenden Jahr wolle man nochmals mit der dann neuen Bundesregierung über die Finanzierung sprechen. Huber kritisierte die Finanzierungsmechanismen in Deutschland. „Was wir hier erleben, ist ein Lehrstück für das, was passiert, wenn Infrastruktur nicht durchfinanziert ist“, sagte er. Zwar gibt es einen von der Bahn vor Jahresfrist unterzeichneten Finanzierungsvertrag, den aber noch der DB-Aufsichtsrat freigeben muss.

Huber verwies auf den fehlenden Bundeshaushalt 2025 und die Unwägbarkeiten nach dem Aus der Ampel. Insbesondere Letzteres wollte Regionalpräsident Rainer Wieland, der nach seinem Amtsantritt im September erstmals an dem S-21-Spitzengremium teilnahm, nicht gelten lassen. „Ich werde es nicht hinnehmen, dass man den Ampel-Bruch als spät in den Schoß gefallene Ausrede für alles hernimmt“, sagte er. Tatsächlich ging zwischen der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung im Dezember 2023 und dem Bruch der Regierungskoalition im November 2024 einige Zeit ins Land, ohne dass das Vorhaben DKS entscheidend vorangekommen wäre.

Im Rahmen des Digitalen Knotens Stuttgart will die Bahn hunderte Kilometer Gleise mitsamt den Stellwerken digitalisieren, um ein hochautomatisiertes Fahren zu ermöglichen. Auch in den Fahrzeugen muss entsprechende Technik verbaut werden. Durch die Digitalisierung sollen mehr Züge das Netz befahren können und gleichzeitig die Verspätungen sinken. Auch die Leistungsfähigkeit des neuen unterirdischen Hauptbahnhofs soll so gesteigert werden. Kritiker warnen jedoch vor überzogenen Erwartungen an diese Technik.

Der ehemalige EU-Parlamentarier Wieland verwies darauf, dass die Bahn ein Staatsunternehmen ist und er sich nicht vorstellen könne, dass Vorstandsmitglieder in vergleichbaren Unternehmen im europäischen Ausland mit diesem Gebaren durchkämen. Die zuvor von Bahnvorstand Huber vehement zurückgewiesene Formulierung, die Bahn könne sich beim DKS in die Büsche schlagen, griff Wieland süffisant auf: „Davon kann nicht die Rede sein. Die Bahn eiert eher in die Büsche.“

Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sprach von „kontroversen Diskussionen“. Sowohl der Vorstand der Deutschen Bahn wie der Aufsichtsrat seien in der Pflicht. „Der Gremienvorbehalt, mit dem der Vorstand der DB die Finanzierungsvereinbarung belegt hat, ist ein Hindernis.“ Auch das Land sei in Vorleistung gegangen, bei der Ausrüstung der Fahrzeuge für die neue Technik. „Wir haben für den DKS etwa 400 Millionen Euro investiert, wir wissen nicht, ob wir davon etwas vom Bund ersetzt bekommen.“ Hermann mahnte nochmals an, dass die Digitalisierung der Schiene nicht an den Stuttgarter Stadtgrenzen Halt machen dürfe. Der im Projektpartnerkreis gemeinschaftlich beschlossene Aufbau des Digitalen Knotens sei die größte Veränderung am Projekt Stuttgart 21 gewesen. „Wir müssen das politisch hinbekommen.“

Die Entscheidung über den dritten Baustein des Digitalen Knotens Stuttgart, der „nicht im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme von Stuttgart 21“ stehe, wie Bahnchef Richard Lutz und Berthold Huber in einem Schreiben an Michael Donth, Verkehrsexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ihre Sicht der Dinge darlegen, ist mit Blick auf den Kalender dringlich, weil zum Jahresende zweckgebundene Bundesmittel zu verfallen drohen.

Wie hoch die infrage stehende Summe tatsächlich ist – die ganzen 825 Millionen Euro oder doch nur ein Teilbetrag davon – und wie einfach oder schwierig es sein wird, dieses Geld in einen neuen Bundeshaushalt wieder einzustellen – auch darüber gingen die Meinungen in der Runde auseinander. Immerhin bot Winfried Hermann an, zusammen mit Huber im Bundesfinanzministerium in dieser Sache vorstellig zu werden.

Stuttgarts OB Frank Nopper lobte Berthold Huber für dessen Aussage. Er wolle sich an die Spitze der Bewegung für den Digitalen Knoten setzen. „Dies sollte aus unserer Sicht damit beginnen, dass der DB-Vorstand den Gremienvorbehalt aufhebt oder aufheben lässt“, machte Nopper klar.

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Erstellt:
6. Dezember 2024, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
7. Dezember 2024, 21:55 Uhr

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