Leere Versprechen der Politik
Bürokratie in Deutschland wächst ungebremst weiter
Welche Aufgaben soll die nächste Bundesregierung zuerst anpacken? Größte Sorge der Unternehmen in Deutschland ist die ausufernde Bürokratie. Die hat unter der Ampelregierung von SPD, Grünen und SPD einen neuen Höchststand erreicht.

© dpa/Patrick Pleul
Das Wort Bürokratie kommt aus dem Französischen von „bureaucratie“, was Herrschaft der Verwaltung bedeutet. In einer Bürokratie ist alles bis ins Kleinste geregelt und streng geordnet, jeder hat seine klar umschriebene Aufgabe.
Von Markus Brauer
Deutschland steht unter einer immensen Bürokratielast. Der Bürokratieindex des Wirtschaftswissenschaftlers Stefan Wagner von der Universität Wien in Zusammenarbeit mit ESMT Berlin und der Internetplattform www.buzer.de zeigt nun, dass der Umfang geltender Bundesgesetze immer weiter ansteigt und sogar ein neues Rekordhoch erreicht hat.
Anfang 2025: 1306 Einzelgesetze mit 39.536 Normseiten
- Während der Umfang aller Bundesgesetze im Jahr 2010 noch bei 1082 Einzelnormen mit insgesamt rund 24.775 Normseiten lag, hat er Anfang 2025 bereits 1306 Einzelgesetze mit 39.536 Normseiten erreicht. Damit ist das Volumen der Gesetzgebung innerhalb von 15 Jahren um etwa 60 Prozent angewachsen.
- Auch im Vergleich zum Vorjahr hat er sich trotz aller politischen Bekenntnissen zum Bürokratieabbau nochmals um 2,5 Prozent erhöht. Dies zeigt, dass die Regulierung in Deutschland nicht abnimmt, sondern weiter zunimmt.
Überproportionale Zunahme von Regelungen
- Fokussiert man auf die vier umfangreichsten Rechtsgebiete (klassifiziert nach dem System der Fundstellennachweise), zeigt sich, dass der Zuwachs seit 2010 vor allem durch überproportionale Zunahme von Regelungen im Bereich Finanzwesen (+88 Prozent) und Wirtschaftsrecht (+110 Prozent) getrieben ist, während die Zunahme in den Bereichen Verwaltung (+54 Prozent) sowie Sozialgesetzgebung (+46 Prozent) deutlich langsamer ist.
Bürokratische Hürden belasten nicht nur Unternehmen, sondern auch die Bürger. Wagner warnt: „Die derzeitige Betrachtung der Bundesgesetzgebung ist nur ein Teil des Problems. Ein noch größerer Anteil der gesetzlichen Regelungen findet sich in Durchführungsverordnungen, Landesgesetzen und der EU-Gesetzgebung. Die tatsächliche Bürokratiebelastung dürfte daher noch weit höher sein.“
Bürokratie kostet jährlich 146 Milliarden Euro
Die Bürokratie in Deutschland kostet einer Untersuchung des Münchner Ifo-Instituts zufolge 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung pro Jahr. „Die Kosten von Nichtstun sind riesig, gemessen am Wachstumspotenzial, das im Bürokratieabbau schlummert“, erklärt Ifo-Forscher Oliver Falck. Allein mit einer digitalisierten öffentlichen Verwaltung wäre die Wirtschaftsleistung demnach fast 100 Milliarden Euro höher.
„Der Schaden im dreistelligen Milliardenbereich ist gigantisch. Es darf nun keinen Verzug mehr geben“, fordert der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern, Manfred Gößl.
Herrschaft der Verwaltung
Das Wort Bürokratie kommt aus dem Französischen von „bureaucratie“, was Herrschaft der Verwaltung bedeutet. In einer Bürokratie ist alles bis ins Kleinste geregelt und streng geordnet, jeder hat seine klar umschriebene Aufgabe.
Vorschriften legen exakt fest, wie gehandelt werden muss. Kein Mitarbeiter einer Verwaltung wird etwas tun, wofür er nicht zuständig ist. Die sogenannten Dienstwege werden strikt eingehalten, jeder Vorgang wird in den Akten genau und lückenlos festgehalten.
Rechtssetzung soll einfacher und verständlicher werden
Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums weist darauf hin, dass die Anzahl an Gesetzen nicht mit der Bürokratielast gleichgesetzt werden könne. Schließlich brauche man ja auch ein Gesetz, um Bürokratie abzubauen. Auch löse nicht jede Einzelnorm oder jedes Gesetz bürokratische Kosten aus.
Es sei dennoch Ziel des Bundesjustizministeriums, dem weiteren Anstieg der Zahl der Einzelnormen entgegenzutreten, indem „wir die Rechtssetzung einfacher und verständlicher machen“.