Leben retten mit einem neuen Notfallwagen

Um bei schweren Notfällen die Überlebenschancen zu erhöhen, ist in Stuttgart nun ein hochgerüstetes Rettungsfahrzeug unterwegs.

Seit Montag ist das Medical Intervention Car (MIC)  in Betrieb.

© Lichtgut/Max Kovalenko

Seit Montag ist das Medical Intervention Car (MIC) in Betrieb.

Von Bettina Hartmann

Stuttgart - Kurz vor 12 Uhr klingelt das Handy – ein Notfall. Gerade erst ist das neue Rettungsfahrzeug, das so genannte Medical Intervention Car (MIC), von der Björn-Steiger-Stiftung dem Klinikum Stuttgart übergeben worden – und schon geht es für das Ärzteteam zum ersten Einsatz. Ein zweijähriges Kind ist schwer gestürzt, es hat einen Herz-Kreislauf-Stillstand, heißt es.

Zuvor hat Christoph Wihler, Oberarzt am Klinikum, die Besonderheiten des neuen Dienstes erklärt: „Wir sind künftig jeden Tag rund um die Uhr mit dem MIC im Einsatz“, so der Leiter des Bereichs Notfallmedizin der Klinik für Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie. An Bord des MIC befindet sich spezielles medizinisches Gerät, mit dem dann bis zu drei für Notfälle ausgebildete Oberärzte aus verschiedenen Sparten, darunter auch Kinderärzte, die Schwerstverletzten direkt am Einsatzort behandeln können. Oft fährt auch noch eine Intensivschwester mit.

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Bei den meisten Notfällen wird weiterhin ein klassischer Rettungswagen ausrücken. Doch ob ein heftiger Verkehrsunfall, ein Sturz aus großer Höhe, eine unerwartete Frühgeburt oder auch eine stark blutende Stichwunde nach einem Messerangriff – zu derart extremen Einsätzen kann künftig das MIC-Team hinzugerufen werden. Die Ärzte können so Patienten schon am Unfallort die bestmögliche Therapie zukommen lassen, womit auch deren Überlebenschance steigen. Da nicht extra ein Rettungswagen angefordert werden muss, sondern die Ärzte des Klinikums den neuen Wagen selbst fahren, können sie zudem schnell am Einsatzort sein.

„1,3 Millionen Euro investieren wir in das auf drei Jahre angelegte Projekt“, sagt Pierre-Enric Steiger, der Präsident der Björn-Steiger-Stiftung. Die Beteiligten wollen in dieser Zeit nämlich nicht nur Leben retten, sondern auch herausfinden, wie man die Notfallmedizin generell verbessern kann. Denn hier hat Deutschland nach Ansicht von Steiger noch viel Nachholbedarf. Die Stiftung hat daher die Anschaffung des MIC finanziert, kommt während des Projekts unter anderem auch für die Personalkosten auf.

Doch wie ist der Wagen überhaupt ausgerüstet? Im Inneren des kleinen, gelb-roten Transporters befinden sich unter anderem verschiedene Geräte, die es sonst in keinem klassischen Rettungswagen gibt. Darunter sind spezielle Ultraschallgeräte, mit denen das Team die Organe ganz genau untersuchen kann, etwa das Herz bei einer Wiederbelebung. Da im MIC in einer Kühlbox auch Blutkonserven sowie Gerinnungsprodukte lagern, ist das Team auch für Einsätze gerüstet, bei der schwere Stich- oder Schussverletzungen versorgt werden müssen. „Wir rechnen damit, dass wir auch bei derartigen Vorfällen immer öfter hinzugerufen werden“, sagt der Oberarzt Martin Breitkopf.

Eine Besonderheit ist auch, dass den Ärzten eine Herz-Lungen-Maschine zur Verfügung steht: Sie wird bei akutem Lungen- oder Herz-Kreislaufversagen eingesetzt, auch bei Kindern und Babys: „Hierfür braucht der Arzt aber spezielle Fähigkeiten“, sagt Gunter Kerst, der Ärztliche Direktor der Pädiatrie 3 am Klinikum. Notärzte sind in aller Regel Allrounder, Kinder und Jugendliche jedoch „kann man nicht wie kleine Erwachsene behandeln. Sie brauchen spezielle Hilfe“, so Kerst. So auch das zweijährige, schwer verletzte Kind – es wurde dank des schnellen Eintreffens des MIC-Teams vor Ort reanimiert, versorgt und zur weiteren Behandlung ins Krankenhaus gebracht. „Die Prognose ist gut“, sagt Pierre-Enric Steiger erleichtert.

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Erstellt:
2. Dezember 2024, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
3. Dezember 2024, 20:37 Uhr

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