Schluchten auf dem Erdtrabanten

Wie Canyons auf dem Mond in nur zehn Minuten entstanden

Manche Mond-Schluchten sind gewaltiger als der Grand Canyon. Schon lange rätseln Astronomen über ihren Ursprung. Einer Studie zufolge entstanden sie binnen kürzester Zeit.

Blick auf die beiden großen Mondschluchten Vallis Schrödinger (links) und Vallis Planck (Mitte). Jeder von ihnen ist tiefer als der Grand Canyon.

© © Nasa/SVS/Ernie T. Wright

Blick auf die beiden großen Mondschluchten Vallis Schrödinger (links) und Vallis Planck (Mitte). Jeder von ihnen ist tiefer als der Grand Canyon.

Von Rainer Kayser/Markus Brauer

Auch auf dem Mond gibt es gewaltige Schluchten ähnlich dem nordamerikanischen Grand Canyon. Doch die lunaren Canyons sind völlig anders entstanden, wie Forscher aus den USA und Großbritannien jetzt berichten.

Vallis Schrödinger und Vallis Planck

Statt über Jahrmillionen hinweg durch strömendes Wasser entstanden das 270 Kilometer lange und 2,7 Kilometer tiefe Vallis Schrödinger und das 280 Kilometer lange und sogar 3,5 Kilometer tiefe Vallis Planck innerhalb von nur etwa zehn Minuten durch ein gewaltiges Bombardement von Gesteinsbrocken.

Der Einschlag eines Asteroiden oder Kometen vor 3,8 Milliarden Jahren habe den strahlenförmigen Auswurf von Gestein verursacht, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Communications“ .

The discovery of two Grand Canyons on the moon and analysis of the lunar south pole area will prepare astronauts for Artemis moon visit.https://t.co/jXyY34YouP — Discover Magazine (@DiscoverMag) February 6, 2025

320 Kilometer großer Krater

„Wir haben mithilfe einer fotografischen und geologischen Kartierung der Canyons und damit in Zusammenhang stehendem ausgeworfenen Gestein die Bahn des einschlagenden Asteroiden oder Kometen rekonstruiert“, erläutern David Kring und Danielle Kallenborn vom Lunar and Planetary Institute in Houston, sowie Gareth Collins vom Imperial College London.

Bei dem Einschlag entstand der 320 Kilometer große Schrödinger-Krater in der Nähe des Südpols auf der erdabgewandten Seite des Mondes.

Besonders auffällig sind die strahlenförmig von dem Krater ausgehenden Schluchten Vallis Schrödinger und Vallis Planck. Seit langem zerbrechen sich Mondforscher den Kopf über die Entstehung dieser Canyons, denn Wasser gab es auf dem Erdtrabanten zu keiner Zeit.

Einschlag ausgeworfener Gesteinsbrocken

Wie die drei Forscher jetzt darlegen, sind die Schluchten nicht durch fließendes Wasser, sondern durch beim Einschlag ausgeworfene Gesteinsbrocken mit Größen von mehreren hundert Metern entstanden. Diese sind mit einer Geschwindigkeit von etwa 3600 Kilometern pro Stunde wieder auf die Oberfläche aufgeschlagen und haben so die gewaltigen Schluchten erzeugt.

Einen wichtigen Hinweis lieferte den Forschern die asymmetrische Lage der beiden Canyons: Verlängert man den Verlauf der Schluchten durch den Krater hindurch, so treffen sich diese Linien nicht im Zentrum des Einschlagbeckens, sondern eher an seinem entgegengesetzten Rand. Dort, so folgern die Wissenschaftler, kam es zum ersten Kontakt des unter einem flachen Winkel einschlagenden Himmelskörpers mit der Mondoberfläche.

Gesteinsbrocken konzentrierten sich

Das bei dem Einschlag herausgeschleuderte Gestein hat sich deshalb auch nicht gleichmäßig in alle Richtungen verteilt, sondern hauptsächlich nach vorn in Flugrichtung des Asteroiden oder Kometen.

Ein großer Teil der Gesteinsbrocken konzentrierte sich dabei – verursacht durch die Beschaffenheit der Mondoberfläche an der Einschlagstelle – in zwei eng gebündelten Strahlen und schuf so die beiden spektakulären Canyons.

Wichtige Erkenntnisse für Artemis-Mission

Die Analyse des Team liefert zugleich gute Nachrichten für die im Rahmen des Artemis-Programms geplante Landung von Astronauten auf dem Mond. Denn der Schrödinger-Krater liegt am Rand des riesigen Südpol-Aitken-Beckens, des größten und ältesten Einschlagbeckens auf dem Mond.

Die Erforschung dieses Einschlags ist eines der Ziele von Artemis. Bislang befürchteten die Mondforscher, die Untersuchung des Beckens könnte durch Auswurf-Material des später entstandenen Schrödinger-Kraters erheblich erschwert werden. Der asymmetrische Auswurf bedeute jedoch, dass die geplanten Landungsstellen weniger von diesem späteren Material bedeckt und daher leichter zu erforschen sind, so die drei Wissenschaftler.

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Erstellt:
7. Februar 2025, 10:44 Uhr

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